Die Lebenshilfe Tirol prangert die Missstände in der Behindertenbetreuung von Flüchtlingen an und spricht von struktureller Diskriminierung. Das Land Tirol winkt ab und verweist auf Care-Pakete.
Innsbruck. Die Lebenshilfe Tirol macht mit Nachdruck auf einen gewaltigen Missstand in der Flüchtlingsbetreuung aufmerksam. Geflüchtete Personen mit Behinderung haben offenbar keinen Anspruch auf Leistungen der Behindertenhilfe. Stattdessen wird auf einen erhöhten Tagsatz verwiesen, der ihnen zusteht, in Wirklichkeit aber nicht genug ist, um das alltägliche Leben zu meistern.
Flüchtlinge haben einen Anspruch auf 25 Euro pro Tag zum Zweck der Grundversorgung. Flüchtlingen mit Behinderung steht ein erhöhter Tagsatz von 95 Euro zu. Damit sollen alle Belange des täglichen Lebens abgedeckt werden: Essen, Wohnen und medizinische Versorgung. Kommt ein therapeutischer Bedarf hinzu, ist der zugewiesene Tagsatz mehr als erschöpft.
Die Lebenshilfe Tirol übernahm im März dieses Jahres auf Bitte des Landes hin die Betreuung von rund 48 Jugendlichen und Kindern aus der Ukraine. Der Geschäftsführer der Lebenshilfe Tirol, Georg Willeit, macht darauf aufmerksam, dass selbst in der Ukraine Kinder und Jugendliche Sonderleistungen wie Sonderschulen, Internate und Therapien erhalten hätten. Diese Möglichkeiten haben geflüchtete Kinder mit Behinderung nun nicht mehr. Der Tagsatz sei wiederum in keinster Wiese ausreichend für den täglichen Bedarf. Vom Land Tirol forderte die Lebenshilfe nun vergebens einen Zugang der Kinder zu Unterstützungen aus der Behindertenhilfe nach dem Tiroler Teilhabegesetz. Dem Teilhabegesetz nach stünde den Kindern und Jugendlichen viel mehr zu.
Georg Dornauer (SPÖ) stellte sich gegen den Zugang von Flüchtlingen zum Tiroler Teilhabegesetz – stattdessen verwies er auf finanzielle Unterstützung. Ein Care-Paket im Ausmaß von jährlich 260.000 Euro soll nun Abhilfe schaffen. Wie das Geld auf die Menschen mit Behinderung aufgeteilt werden soll, bleibt indes unklar. Die Lebenshilfe bezweifelt zudem, dass diese Summe überhaupt ausreichend sein wird und bezeichnete das Prozedere der Landesregierung als strukturelle Diskriminierung von Flüchtlingen mit Behinderung.
Quelle: ORF