Während Gesundheitsminister Anschober von der ÖVP in seiner Hilflosigkeit in Bezug auf schärfere Maßnahmen für Tirol vorgeführt wurde, breitet sich das „Südafrika-Virus“ dort aus. Südafrika selbst stoppt die Verwendung des AstraZeneca-Impfstoffs, da Zweifel am Schutz des Vaccins vor der neuen Virusvariante bestehen.
Wien/Innsbruck/Pretoria. Während in ganz Österreich heute neue Corona-Regeln in Kraft getreten sind, die unter anderem bedeuten, dass der gesamte Handel wieder offen hat, die Kinder wieder zur Schule gehen und man mit einem negativen Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden sein darf, auch zum Friseur gehen darf, geht die Sorge vor hochansteckenden Virusmutationen um, hier vor allem der „Südafrika-Virus“ B1.351. Tirol erweist sich hierbei als das bisher größte Ausbreitungsgebiet dieser gefährlichen Variante des Corona-Virus in Österreich.
Während die Tiroler Landespolitik – assistiert von WKO und AK – versucht, das Ganze herunterzuspielen, da es ja derzeit nur 8 aktive Fälle gebe, sehen Wissenschaftler und die Experten des Gesundheitsministeriums das anders.
Tirol verharmlost – Anschober hilflos
Schon die Interpretation der Mutationszahlen trennt Bund und Land. Tirol gibt an, die Situation im Griff zu haben, und verweist auf rückläufige Infiziertenzahlen sowie die momentane Eingrenzbarkeit der Mutationsfälle. Zudem würden derzeit ohnehin nur acht aktiv positive B.1.351-Fälle vorliegen. Insgesamt meldete das Bundesland 165 bestätigte Fälle. Bei 230 weiteren Fällen liege ein Verdacht vor. Laut dem Molekularbiologen Ulrich Elling, der an den Sequenzierungen beteiligt ist, kann man davon ausgehen, dass sich um die 90 Prozent der mittels PCR gefundenen Verdachtsfälle als tatsächliche B.1.351-Fälle erweisen werden.
Die vom Land Tirol genannte Zahl von nur acht aktiven B.1.351-Fällen hält der Genetiker Andreas Bergthaler für unrealistisch. Für Elling ist die Argumentation mit den vermeintlich nur acht aktiven Fällen irreführend. Die Methode der Sequenzierung sei nämlich dazu da, das Geschehen im Land zu beobachten, nicht jedoch, um aktive Fälle zu bestimmen. Mindestens 293 per Ganz- oder Teilgenomsequenzierung bestätigte Proben seien bisher in Tirol aufgetaucht, sagte Bergthaler der APA.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober hatte am Sonntag bis Mitternacht mit dem Tiroler Landeshauptmann Günter Platter verhandelt, ohne Ergebnis. Heute vormittag verkündete dann die Tiroler Landesregierung einige selbstgewählte Maßnahmen, die jedoch hauptsächlich auf unverbindliche Empfehlungen – wie etwa unnötige Fahrten in andere Regionen zu vermeiden – hinauslief. Bundeskanzler Kurz verkündete später eine Reisewarnung für Tirol, was auch nichts anderes bedeutet, als dass nicht unbedingt nötige Reisen von und nach Tirol vermieden werden sollen. Damit haben sich wohl die Tiroler ÖVP-Granden und die hinter ihnen stehenden Tourismus- und Industriemagnaten beim Kanzler durchgesetzt. Schließlich gehören die Tiroler Regionalkaiser zu seinen wichtigsten Financiers.
Gesundheitsminister Anschober, der weitergehende Schritte zur regionalen Eindämmung des „Südafrika-Virus“ geplant hatte, wurde von Kurz damit wieder in seiner ganzen Hilflosigkeit vorgeführt. Er als Gesundheitsminister hätte hier das alleinige Weisungsrecht, in der Praxis liegt es aber bei den ÖVP-Granden und deren Hintermänner in Tirol.
Südafrika stoppt Astra-Zeneca-Impfstoff
Die südafrikanische Regierung wird den Einsatz des Impfstoffes des britisch-schwedischen Konzerns AstraZeneca aussetzen, solange Wissenschaftler noch über die beste Verwendung der Arznei beraten. Dies kündigte Gesundheitsminister Zweli Mkhize an. Zuvor hatte das Pharmaunternehmen eingeräumt, der Impfstoff biete nur begrenzten Schutz bei einer mild verlaufenden Infektion der südafrikanischen Variante des Virus.
Neue vorläufige Studiendaten der Universitäten Oxford und Witwatersrand, die AstraZeneca an diesem Montag veröffentlicht will und über die bereits die „Financial Times“ berichtete, sollen zeigen, dass das Vakzin bei der Variante B.1.351 wohl weiterhin wirksam gegen schwere Verläufe ist, ausgerechnet leichte Erkrankungen jedoch weniger verhindert. Die Aussagekraft der Daten ist dem Bericht zufolge begrenzt, da der Großteil der 2000 Probanden der Studie jung und gesund waren.
Die in Südafrika aufgetauchte Variante B.1.351, die mittlerweile in vielen Ländern vorkommt, hatte sich auch in den Tests anderer Impfstoff-Hersteller als resistenter erwiesen. Eine mögliche Anpassung der Vakzine läuft bei mehreren Unternehmen bereits auf Hochtouren.