Wer unter einem ÖVP-Minister arbeitet, muss sich offenbar als „Hure für die Reichen“ verstehen. Dann sind wohl die türkisen Politiker die Zuhälter – und die Kapitalisten die Freier.
Wien. Im Zuge der WKStA-Ermittlungen wegen mutmaßlicher Bestechung und Bestechlichkeit rund um eine erlassene Steuerschuld von Siegfried Wolf durch das Finanzministerium sorgen neue Chatnachrichten für Aufsehen. Thomas Schmid, damals Generalsekretär im ÖVP-geführten Ministerium, begründete die Vorgehensweise gegenüber einem Mitarbeiter offenbar mit den Worten: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP-Kabinett! Du bist die Hure für die Reichen!“ (Rechtschreibfehler korrigiert).
Das ist natürlich eine recht deutliche Botschaft, mit der Schmid das verlangte Selbstverständnis des ÖVP-Regierungsteams und seiner Mitarbeiter umreißt. Selbstverständlich wird der seinerzeitige Bundeskanzler Sebastian Kurz von solchen Machenschaften seiner türkisen Strizzis, wie immer, nichts gewusst haben, trotzdem zieht sich die Schlinge um einige ÖVP-Politiker und ihre Financiers stetig enger: Viel offener als Schmid kann man eigentlich nicht sagen, dass die Beamten in den ÖVP-Ministerien alles zu tun haben, was das Kapital von ihnen verlangt.
Wer sich nun über das schauderliche türkise „Sittenbild“ und die Wortwahl Schmids echauffieren möchte, sollte sich dadurch nicht ablenken lassen. Dass die fragwürdige Metapher womöglich systematische methodische Substanz hat, ist von größerer Relevanz und darf im Rahmen des staatsmonopolistischen Kapitalismus nicht überraschen. Dass die ÖVP als Partei ein politisches Instrument der Reichen und der Konzerne ist, war schon bisher kein Geheimnis. Und wie bei der richtigen Prostitution gilt: Es sind die Zuhälter und die Kunden, die aus dem Verkehr und zur Verantwortung gezogen werden müssen.
Quelle: ORF