Regiert wird im Interesse des Kapitals. Das wird sich auch unter einer neuen polnischen Regierung mit Donald Tusk an der Spitze nicht ändern. Es ist aber mehr Gehorsam gegenüber der EU zu erwarten.
Warschau. Das Endergebnis der polnischen Parlamentswahl ergibt, dass die Tage der Alleinherrschaft der reaktionär-klerikalen Regierungspartei PiS gezählt sind. Ihre absolute Mehrheit ist weg, sie erreichte 35,38 Prozent der Stimmen. Damit bleibt PiS zwar die stärkste Parlamentsfraktion, hat aber aller Voraussicht nach keinen Partner für eine Mehrheit im Parlament. Die stärkste Kraft der Opposition, die »Bürgerkoalition« unter Donald Tusk, erreichte 30,70 Prozent . Die Linkspartei verlor massiv Stimmen und liegt nun bei 8,61 Prozent.
Entscheidend für den sich abzeichnenden Mehrheitswechsel sind nach Ansicht des in Polen lebenden „Junge Welt“- Autors Reinhard Lauterbach drei Dinge: erstens das gute Abschneiden der liberalkonservativen Bewegung »Dritter Weg«, die am Montag 14,40 Prozent verbuchen konnte, zweitens das schwache Abschneiden der nationalistisch-marktradikalen »Konföderation« mit 7,16 Prozent und drittens der Umstand, dass keine angetretene Partei den Einzug ins Parlament knapp verfehlte, wovon proportional die PiS als stärkste Kraft am meisten profitiert hätte. Die Wahlbeteiligung erreichte mit knapp 74 Prozent den höchsten Wert seit 1989.
Linkspartei jubelt trotz massiver Verluste
Jubel herrscht in der polnischen Linkspartei „Lewica“, einer neosozialdemokratischen Formation, weil sie vom ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk für eine Mehrheit im Parlament gebraucht wird, und sie dann nach 30 Jahren endlich wieder am Katzentisch der Macht Platz nehmen kann. Im Jubel übers künftige Mitregieren geht etwas unter, dass die Linkspartei nur mehr etwa 30 Abgeordnete, statt bisher 49 stellen wird.
Regiert wird unter der neuen Regierung sicher nicht links, sondern weiterhin konservativ und im Interesse des Kapitals, aber mit mehr Gehorsam gegenüber der EU und weniger Turbulenzen. Nicht zuletzt kann der bis 2025 im Amt befindliche und aus der PiS stammende Präsident Andrzej Duda mit seiner Vetomacht Einiges verzögern oder verhindern. Er hat übrigens schon angekündigt die stärkste Partei, also die PiS, mit der Regierungsbildung zu beauftragen, obwohl diese keine Aussichten hat, mehr als die Hälfte der Abgeordneten des polnischen Parlaments Sejm auf ihre Seite zu bringen. Dieser Schachzug verschafft der amtierenden Regierung Zeit, in ihren Ministerien aufzuräumen und zu schreddern und es verzögert die Bildung der Regierung von Donald Tusk.
Quelle: Junge Welt/wybory.gov.pl