In den Hafenstädten Norddeutschlands wird für eine anständige Lohnerhöhung gekämpft. In Hamburg geht es jedoch auch darum, einen weiteren Privatisierungsschritt bei der Hafenlogistik-AG zu verhindern.
Hamburg. Die Beschäftigten in den norddeutschen Häfen zeigen ihre Stärke. Mit mehreren Warnstreiks unter anderem in Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Emden und anderen Hafenstädten machen sie in der laufenden Tarifrunde zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) Druck für spürbare Einkommenssteigerungen.
Gefordert wird eine Erhöhung der Stundenlöhne um drei Euro sowie eine entsprechende Anhebung der Schichtzuschläge bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten. „Es kommt darauf an, dass insbesondere die unteren Lohngruppen durch die Lohnerhöhungen finanziell entlastet werden. Die Inflation der vergangenen Jahre hat sie besonders schwer getroffen“, wird ver.di-Verhandlungsführerin Maren Ulbrich in einer Pressemitteilung der Gewerkschaft zitiert. „Zudem müssen die Lohnunterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen reduziert werden. Und einen Reallohnzuwachs muss es auch in den oberen Lohngruppen geben.“
Die Beteiligung an den bisherigen Streiks war nach Gewerkschaftsangaben gut, in den von den Ausständen betroffenen Häfen stand der Betrieb jeweils weitgehend still. Bisheriger Höhepunkt war ein zentraler Streiktag am 17. Juni, als die Arbeiterinnen und Arbeiter in fünf norddeutschen Hafenstädten für 24 bis 48 Stunden die Arbeit niederlegten.
Mehrere tausend Streikende versammelten sich in Hamburg vor der Elbphilharmonie und zogen in einem lautstarken und kämpferischen Demonstrationszug zum Gewerkschaftshaus unweit des Hauptbahnhofs. Die Polizei war massiv präsent und sperrte die Zugänge zu Reedereien und Hafenunternehmen ab, an denen der Marsch der Hafenarbeiter vorüberzog. Diese stoppten zu einer Zwischenkundgebung vor dem Gebäude der Großreederei MSC, der Hamburgs Senat fast die Hälfte der Anteile am Herzstück des Hafens, der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), zuschustern will. Gegen den Ausverkauf des Hafens wehren sich nicht nur die betroffenen Arbeiterinnen und Arbeiter, sondern auch große Teile der Bevölkerung in der Hansestadt seit Monaten. „Unser Hafen, nicht euer Casino“ war deshalb auch auf dem Transparent zu lesen, das an der Spitze des Demonstrationszuges getragen wurde.
Ausgereicht hat das starke Signal bisher noch nicht – auch die dritte Verhandlungsrunde am 18. Juni musste ergebnislos vertagt werden. „Wir liegen noch weit auseinander“, teilte Ulbrich mit. Wie genau das letzte Angebot der Unternehmer lautete, wurde nicht gesagt – übrigens auch nicht vom ZDS, dem die Tarifrunde bisher keine einzige Pressemitteilung wert war. Die Presseagentur dpa teilte mit, dass die Unternehmer in der dritten Runde 2,9 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 80 Cent mehr pro Stunde bei einer Laufzeit von zwölf Monaten angeboten hätten.
Ob bei der wohl im Juli stattfindenden nächsten Runde ein Durchbruch gelingt, hängt vom Verhalten des ZDS ab. Die Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter scheinen kampfbereit zu sein und einen langen Atem zu haben. Die letzte Tarifrunde 2022 hatte sich sogar über zehn Runden hingezogen und war von vielen Streiks begleitet worden. Das damalige Ergebnis von bis zu 9,4 Prozent mehr Gehalt war von den Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern kontrovers diskutiert worden, weil für einige wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen eine Sonderregelung vereinbart wurde, die für die dort Beschäftigten zu geringeren Einkommenssteigerungen führte.
Aus den damaligen Erfahrungen scheint ver.di gelernt zu haben. Stärker als früher wurden die Mitglieder in die Forderungsfindung eingebunden, Tarifbotschafterinnen und ‑botschafter sollen den Informationsfluss sicherstellen. Und zugesagt wurde auch, über ein Ergebnis vor Unterzeichnung die Mitglieder zu befragen.
Quelle: Unsere Zeit – Zeitung der DKP