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Frauenarmut in Österreich

Oberösterreich. Die Armutsgefährdung in Österreich nimmt weiter zu, insbesondere unter Frauen. Mehr als eine halbe Million Frauen sind mittlerweile von Armut bedroht – Tendenz steigend. Besonders gravierend ist die Situation für alleinerziehende Mütter, die durch die ohnehin prekäre Lage nun noch stärker unter Druck geraten. 

In den Sozialberatungsstellen der Caritas Oberösterreich und der Frauenberatungsstelle BABSI in Freistadt häufen sich die Hilferufe. Michaela Haunold, Leiterin der Caritas-Beratungsstelle für Menschen in Not, berichtet von einem massiven Anstieg der Hilfesuchenden: „In diesem Jahr haben wir über 2.800 Frauen beraten. 20 Prozent von ihnen sind alleinerziehend, und das Armutsrisiko für diese Gruppe liegt bei erschreckenden 48 Prozent.“ Dieser Wert ist damit deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung.

Es fehlt nicht nur an Geld für lebensnotwendige Ausgaben wie Miete und Lebensmittel, sondern auch an sozialer Teilhabe. „Es geht um viel mehr als nur ums Überleben“, betont Haunold. „Viele Frauen können es sich nicht leisten, Freunde einzuladen, weil sie ihre Wohnung im Winter nicht heizen können. Selbst ein Kinobesuch ist für viele undenkbar.“

Ein wesentlicher Grund für die prekäre Lage vieler Frauen liegt in der weitverbreiteten Teilzeitarbeit. Während fast die Hälfte der erwerbstätigen Frauen in Österreich in Teilzeit arbeitet, sind es bei den Männern lediglich 13 Prozent. Frauen sind oft in Berufen tätig, die schlechter bezahlt werden, was ihre finanzielle Situation zusätzlich verschärft. Weniger Einkommen heute bedeutet auch weniger Pension morgen – ein Teufelskreis, der vor allem Alleinerziehende trifft.

Christine Lasinger von der Frauenberatungsstelle BABSI sieht darin ein strukturelles Problem: „Zu 90 Prozent tragen Frauen die Verantwortung für die Kindererziehung. Das bedeutet oft Teilzeitarbeit und geringeren Verdienst. Trennen sich die Eltern, verschärft sich die Lage häufig noch. Alimente kommen verspätet, die Fixkosten laufen weiter – viele Frauen stehen dann plötzlich ohne ausreichende Mittel da.“

„Viele Betroffene sprechen ihre finanzielle Not erst nach mehreren Beratungsgesprächen an“, erklärt Lasinger. „Das Thema ist noch immer stark stigmatisiert. Niemand gibt gerne zu, dass das Geld nicht reicht, um das eigene Kind in der Schule voll am sozialen Leben teilhaben zu lassen.“

Die Caritas und andere Sozialeinrichtungen können in akuten Notsituationen helfen, doch langfristige Lösungen sind damit nicht in Sicht. Die Hilfen bleiben „der berühmte Tropfen auf den heißen Stein“, wie Haunold es ausdrückt. Um die wachsende Frauenarmut wirksam zu bekämpfen, sind tiefgreifende strukturelle Veränderungen notwendig.

Haunold fordert beispielsweise eine Anhebung der Ausgleichszulage, damit diese mindestens die Armutsgefährdungsgrenze erreicht. Derzeit liegt die Zulage etwa 300 Euro darunter – eine Lücke, die für viele Betroffene entscheidend ist. Außerdem müssten höhere Löhne, insbesondere in typischen Frauenberufen, endlich zur Realität werden.

„Armut darf nicht als individuelles Versagen betrachtet werden, sondern als strukturelles Problem“, betont Haunold. „Nur durch politische Maßnahmen, wie die gerechte Bezahlung von Care-Arbeit und die Schaffung von existenzsichernden Löhnen, können wir diese Krise entschärfen.“

Quelle: ORF

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