Laut den Ergebnissen der neuen Lebensqualitätstudie gibt ein Viertel der befragten Wienerinnen und Wiener an, dass das Familienleben sehr häufig oder sogar immer von der Berufstätigkeit beeinträchtigt wird. Positiv sticht die hohe Betreuungsquote von unter Dreijährigen hervor, kritisch betrachtet wird die Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen.
Wien. In Kooperation mit der Stadt führte die Universität Wien eine Lebensqualitätstudie durch, deren Teilbereich Kinderbetreuung am Dienstag veröffentlicht wurde. Dabei offenbarte die Studie positive und negative Seiten der städtischen Kinderbetreuung. Die letzte Lebensqualitätstudie stammt von 2013, für die aktuelle Ausgabe wurden von März bis Dezember 2018 rund 8450 Interviews durchgeführt.
Schlechte Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen
Die Studie ergibt, dass besonders viel Handlungsbedarf bei den verfügbaren Betreuungsplätzen herrscht. Nur 31 Prozent der Wiener Eltern sind der Meinung, dass sich die Suche nach Krippen- oder Tagesmutterplätzen als relativ einfach ausnimmt. Die überwiegende Mehrheit tut sich schwer damit, Betreuungsplätze für die kleineren Kinder zu finden. Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten gaben an, dass sich die Suche nach Kindergartenplätzen sehr gut oder gut gestaltete. Raimund Haindorfer (Soziologie Wien) hebt ein Ergebnis diesbezüglich besonders hervor: „23 Prozent der Eltern vergaben die Note fünf in der Beurteilung über die Verfügbarkeit im Bereich Krippe, Tagesmutter oder Ähnliches. Das ist fast ein Viertel. Da würde ich schon sagen, dass das auf einen Handlungsbedarf hinweist.“
Erfolgsquoten bei unter Dreijährigen
Wien sticht bekanntlich durch eine im österreichweiten Vergleich besonders hohe Quote von ganztägig betreuten Unter-Dreijährigen hervor. Dieser Trend hat sich auch in der letzten Studie gehalten: Mittlerweile werden fast neun von zehn unter dreijähriger, in Krippen betreuter Kinder ganztägig betreut, während sich die Unterschiede zu anderen Bundesländern bei Drei- bis Sechsjährigen in der Betreuungsquote ausgleichen. Mit knapp unter 45 Prozent weist Wien insgesamt unter allen Bundesländern die höchste Betreuungsquote bei Unter-Dreijährigen auf.
Berufstätigkeit, Kinderbetreuung und familiäre Lebensqualität hängen stark voneinander ab
Maßgebliche Einflussfaktoren dafür, dass externe Betreuungen in Anspruch genommen werden, sind etwa das Alter des Kindes sowie die Erwerbstätigkeit der Eltern (und hier vor allem der Mütter). Aus der Studie wird klar, dass diese Bereiche eng miteinander verknüpft sind und Auswirkungen auf die Lebensqualität von Familien im Allgemeinen haben. Es verwundert nicht, dass die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen hohen Stellenwert in der Studie hatte. Aus ihr geht hervor, dass gerade Kinderbetreuungseinrichtungen einen wichtigen Bestandteil von Lebensqualität ausmachen. Sehr häufig, wenn nicht sogar immer, so geben 26 Prozent der Befragten an, wirke sich ihre Berufstätigkeit auf das Familienleben aus. Zehn Prozent fanden umgekehrt, dass sich ihr Familienleben negativ auf die Berufstätigkeit auswirke.
Laut wird von allen Seiten der Ruf nach mehr Flexibilität zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit. Dies betrifft einerseits die Lohnarbeit, andererseits die Betreuungssysteme und ‑Einrichtungen: So erachten 90 Prozent der Befragten flexible Arbeitszeit als wichtig, 88 Prozent versprechen sich Erleichterungen in einem verbindlichen Anspruch auf Betreuungsplätze. Flexible Öffnungszeiten in den Betreuungseinrichtungen und in Bezug auf die Ferialbetreuung werden ebenfalls als wesentlich eingeschätzt. Haindorfer besteht dabei darauf, dass „[…] Frauen alle Maßnahmen als deutlich und statistisch signifikant wichtiger wahrnehmen als Männer“
Quelle: ORF