Einen Entschädigungsfonds für die Opfer der Baustellen für die WM in Katar wird es nicht geben. Die Regierung leugnet die hohen Todeszahlen und spart sich damit Geld.
Doha. Menschenrechtsorganisationen fordern schon seit längerem vom Emirat Katar und der FIFA, einen Entschädigungsfonds für die Opfer der WM-Baustellen einzurichten. Man geht davon aus, dass eine hohe Zahl von Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter auf den Baustellen unter härtesten Arbeitsbedingungen und Rechtlosigkeit umgekommen seien. Diese stammten vorwiegend aus Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka. In einem Zeitraum von zehn Jahren bis zum Februar 2021 sollen es etwa 6500 gewesen sein. Wie viele Arbeiterinnen und Arbeiter für den Aufbau der WM gestorben sind, ist indes unklar. Viele Fans und sogar ganze Städte wollen die kommende Fußballweltmeisterschaft aus diesen Gründen auch boykottieren.
Ein reiner „Werbe-Gag“
Die Entschädigungszahlungen, die für die Opfer der Baustellen und ihre Angehörigen gefordert wurden, beliefen sich auf 440 Millionen Dollar. Die Höhe des einzurichtenden Fonds richtet sich nach den Preisgeldern für die Mannschaften der WM. Katar hat diese Forderungen nun aber zurückgewiesen. Arbeitsminister Ali bin Samich Al Marri bezeichnete die Forderung sogar als reinen „Werbe-Gag.“ Er geht davon aus, dass sich der Plan nicht umsetzen lasse und dass Kriterien fehlen würden, die die Einrichtung eines solchen Fonds zulassen würden. Ohne Rücksicht auf die Opfer und ihre Familie stellte er die Frage in den Raum:
„Wo sind die Opfer? Haben Sie die Namen der Opfer? Wie kommen Sie an diese Zahlen?“
Diese Frage zu stellen ist umso einfacher, da sich die Anstellungsverhältnisse der verstorbenen Arbeiterinnen und Arbeiter ja in semilegalen oder ganz illegalen Gefilden abspielten.
Die Regierung bestreitet überhaupt, dass tausende Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter an den brutalen Verhältnissen auf den Baustellen und am absurd rückwärtsgerichteten Kafala-System gestorben seien. In diesem System, das theoretisch eigentlich abgeschafft wurde, jedoch weiterhin in Praxis ist, üben Unternehmen, die die Migrantinnen und Migranten einstellen, Vollmachten über sie aus. Sie kontrollieren ihren rechtlichen Status und die Arbeiterinnen und Arbeiter dürfen nur mit Einverständnis ihres Arbeitgebers den Job wechseln. Amnesty International spricht in diesem Bezug beispielsweise von einem „extremen Abhängigkeitsverhältnis“, wodurch sich „Arbeiter*innen kaum gegen Ausbeutung, Missbrauch und Misshandlung wehren“ können.
Quellen: Standard / ZdA / AmnestyInternational