Mali. Am Dienstag haben führende Militärs, ehemalige Beamte und Angehörige des malischen Staates einen Putsch organisiert, der den vormals amtierenden Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta und sein Kabinett entmachtet hat. Oberst Malick Diaw ließ in der Stadt Kati Barrikaden errichten und forderte alle stationierten Soldaten auf, sich dem Putsch anzuschließen. Am selben Tag versammelten sich tausende Menschen, um die erfolgreiche Absetzung Keïtas und seiner Regierung zu zelebrieren. Dieser kündigte am Abend über das Staatsfernsehen seinen Rücktritt an, er wolle nicht, dass Blut wegen ihm vergossen werde.
Wachsendes Elend
Etliche Regierungsgegner organisierten seit Monaten Massenproteste unter dem Banner des Bündnisses „Bewegung 5. Juni – Sammlung der patriotischen Kräfte“ (M5-RFP). Viele Menschen leiden unter sich verschlechternden bzw. ausbleibenden Sozialleistungen, grassierender Korruption, einer schlechten Gesundheitsversorgung und natürlich der Pandemie. Die Regierung hatte kaum ausreichende Schutzmaßnahmen erlassen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bekämpfen. Dies resultierte beispielsweise in einer Art Streik der malischen Lehrkräfte, die formal ab dem 2.Juni wieder hätten unterrichten sollen, aber dem Unterricht aus Angst vor dem Virus fernblieben und eine Lohnerhöhung forderten. Die Polizei reagierten versuchten vergeblich die Proteste durch repressive Maßnahmen wie Verhaftungen, Tränengas und ähnliches zu unterdrücken.
Imperialistische Besatzung durch EU und NATO verschärft das Leid
Nach dem Putsch, hat sich nun ein „Komitee zur Errettung des Volkes“ gegründet, welches schon bald Bedingungen für einen „politischen Wandel“ ausarbeiten möchte. Der Sprecher dieses Komitees ist der ehemalige stellvertretende Leiter des Generalstabs Ismael Wagué. Es darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass seit 2013 in erster Linie Frankreich eine völkerrechtswidrige, militärische Intervention lancierte, die bis heute andauert. Unterstützt werden die mittlerweile 5000 Mann starken französischen Besatzungstruppen durch ihre EU- und NATO-Partner, darunter Deutschland, Dänemark, USA und Kanada. Deutschland hat zur Zeit 900 Soldaten im Mali stationiert, die vor allem für die Ausbildung und Beratung des malischen Militärs tätig sind. Das ist nicht verwunderlich, denn Mali verfügt über ein riesiges Reservoire an Bodenschätzen; der Staat ist der drittgrößte Goldproduzent Afrikas und unterhält eine äußerst verwundbare Grenze zum Nachbarland Niger, wo französische Monopolkonzerne Uranbergwerke unterhalten.
Diese Militärintervention wurde damals damit begründet, dass Frankreich sich „Sorgen“ um islamistische Milizen mache, die die Regierung angreifen. Tatsächlich ging es Frankreich – welches eine Kolonialmacht in Mali war – darum, den malischen Staat zu stabilisieren, um die reibungslose Extraktion von Rohstoffen zu gewährleisten. Das Militär, welches nun eine führende Rolle bei der Absetzung der Regierung spielte, kooperierte mit den Besatzungstruppen und ist vor allem bei der muslimischen Volksgruppe der Fulanis gefürchtet. Seit der Präsenz Frankreichs haben sich die ethnischen Kämpfe zwischen dieser und anderen Volksgruppen intensiviert und es gibt viele Berichte über Hinrichtungen und Kollektivstrafen von Seiten des Militärs.
Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich Mali entwickeln wird. Tatsache ist, dass Frankreich, die USA und auch die UN die „Meuterei“ gegen die Regierung verurteilen und die „verfassungsmäßige Ordnung“ wiederhergestellt wissen möchten.
Quelle: Junge Welt