Am Montag wurde Liz Tuss zur neuen Parteivorsitzenden der Tories gewählt. Am Dienstag übernahm sie das Amt der Regierungschefin. Der bisherige Parteivorsitzende und Premierminister Boris Johnson war nach zahlreichen Skandalen von seinem eigenen Kabinett zum Rücktritt gezwungen worden. Am Dienstag und Mittwoch erfolgten Regierungsübergabe und die erste Fragestunde vor dem Parlament.
London/Großbritannien. Am Montag konnte sich die bisherige Außenministerin Liz Tuss in der finalen Abstimmungsrunde gegen den ehemaligen Finanzminister Rishi Sunak als neue Vorsitzende der Conservative and Unionist Party, kurz den Tories, durchsetzen. Tuss hatte sich im Vorfeld als konservativ inszeniert und war durch markige Aussagen aufgefallen. Auf einer Veranstaltung der eigenen Partei hatte sie zuletzt gefragt, ob Macron ein Freund oder ein Feind sei, müsse sich erst zeigen.
Boris Johnson trat als Regierungschef zurück
Am Dienstag hielt schließlich Boris Johnson bisheriger Premierminister seine Rücktrittsrede vor dem britischen Parlament. Er eröffnete sie in etwa mit den Worten „Nun, das ist es, Leute“. Er verglich sich in der Rede unter anderem mit einer Trägerrakete, die ihren Job getan hat und nun im Meer versinkt. In einer anderen Analogie hielt er allerdings offen ob er plant in die Politik zurückzukehren. So verglich er sich auch mit römischen Machthaber Cincinnatus und sagte: „Wie Cincinnatus kehre ich auf meinen Acker zurück.“ Was der gelernte Historiker ausgelassen hat, dass Cincinnatus noch einmal als Alleinherrscher zurückkehrte als er darum gebeten wurde.
Johnson erfreut sich an der Parteibasis der Tories weiterhin großer Beliebtheit. Neben zahlreichen Skandalen hat Johnson den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union umgesetzt. Johnson gehört dem Parlament weiter als einfacher Abgeordneter an.
Im Anschluss reiste er nach Schottland überreichte der Queen seinen Rücktritt. Diese wiederum gelobt nach Johnsons Besuch Tuss auch offiziell zur neuen Premierministerin an.
Neue Regierung und erste Fragerunde im Parlament
Am Mittwoch stellte die neue Regierungschefin Liz Tuss ihre neue Regierung vor. 16 Mitglieder des alten Regierungskabinetts verbleiben im neuen Kabinett von Tuss, hinzu kamen 15 neue Mitglieder.
Im Innenministerium rückt unter Tuss die ehemalige Generalstaatsanwältin Suella Bravermann als Ministerin ein. Sie gilt als Hardlinerin insbesondere in Migrationsfragen und Unterstützerin des BREXIT. Sie war in der Vergangenheit damit aufgefallen, dass sie vorschlug, das Vereinigte Königreich solle aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten, um das Einwanderungsproblem in den Griff zu bekommen.
Neuer Außenminister ist James Cleverly. Cleverly war kurzzeitig Bildungsminister und zuvor Staatssekretär im Außenministerium. Tuss hat bereits angekündigt sowohl gegen Moskau als auch gegen Peking eine harte Linie zu verfolgen. Bereits am Montag sagte Cleverly gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Wir müssen Präsident Selenskyj und dem ukrainischen Volk unbedingt beistehen, das müssen wir unbedingt tun. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass wir weiterhin so gute Freunde sein werden, wie wir es unter Boris Johnson waren“. Das Verteidigungsministerium bleibt bei Ben Wallace, der das Amt seit 2019 innehat.
Das neue Kabinett lässt im Wesentlichen den Eindruck bestehen, dass in London alles beim Alten bleibt. Außenpolitisch wird wohl weiterhin eine aggressive Politik gegenüber China und Russland aber auch eine fortgesetzte Konfrontation mit der Europäischen Union verfolgt werden. Innenpolitisch wird die sich auch Angesicht der zunehmenden sozialen Krise und der heftigen Streiks und Arbeitskämpfen in den letzten Wochen und Monaten, die rassistische Hetze gegen Migrantinnen und Migranten von Regierungsseite weiter auf die Spitze getrieben werden.
Ebenfalls am Mittwoch stellte sich die frisch angelobte Premierministerin Liz Tuss zudem ihrer ersten Feuerprobe, der ersten Fragerunde im Parlament. Dabei machte sie deutlich, dass sie nicht plane die Profite der Energiekonzerne in der aktuellen Krise extra zu besteuern. Als Zugeständnis an die prekäre soziale Lage in Großbritannien kann ein angekündigter Deckel für Strompreise gewertet werden allerdings soll dieser aus Steuern bezahlt werden und keineswegs von den Konzernen selbst. Zudem soll die angekündigte Erhöhung der Körperschaftssteuer von 19 auf 25 Prozent zurückgenommen werden.
Steuersenkungen und Reformen
Bereits in ihrer Ansprache am Dienstag nach der Amtsübergabe hatte die neue Premierministerin angekündigt, dass ihr oberstes Ziel sei, die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Erreichen will sie das durch Senkung von Steuern und Reformen, um Investitionen anzukurbeln. „Ich werde die Steuern senken, um harte Arbeit zu belohnen und das Wachstum und die Investitionen der Unternehmen zu fördern,“ erklärte Tuss gegenüber der Presse. Die in ganz Großbritannien streikenden Angestellten, Arbeiterinnen und Arbeiter meint Tuss sicherlich nicht, wenn sie von harter Arbeit spricht. Gemeint sind wohl nur diejenigen, die von der harten Arbeit der anderen leben und sie als Profite abschöpfen.