Das ÖVP- und FPÖ-affine Internetportal „exxpress“ behauptet reißerisch, dass die AK bundeweit 5,4 Millionen Euro mit Spekulationen verloren hat. Die FPÖ setzte natürlich sofort nach, und ihre üblichen Geiferer wie Dominik Nepp stürzten sich auf die AK.
Wien. Sechs von neun Länderkammern haben einen negativen Saldo bei den Zinserträgen für das Jahr 2022. Wir haben uns das am Beispiel der AK Wien angesehen, und bei dieser beträgt der negative Zinsertrag für 2022 etwa 2,3 Millionen Euro, im Vorjahr waren es ca. 250.000 Euro.
Wir fragten bei der AK-Wien nach, was denn da los ist: Ute Bösinger von der Kommunikationsabteilung der Wiener Arbeiterkammer schrieb uns dazu: „Die AK ist kein Unternehmen, erzielt keine Gewinne und betreibt natürlich auch keine Börsenspekulationen“. Die AK müsse aber Rückstellungen und Rücklagen bilden, die nötige Investitionen und Verbindlichkeiten abdecken. Diese Rücklagen würden in Form von risikolosen inländischen festverzinslichen und anderen mündelsicheren Wertpapieren veranlagt.
Zum Minus bei den Zinserträgen schreibt sie: „Jetzt hat aber im Jahr 2022 die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Negativzinspolitik durch mehrmalige Erhöhung des Leitzinses beendet, um der hohen Inflation entgegenzuwirken. Diese Zinserhöhungen haben dazu geführt, dass langfriste Anleihen an Wert verloren.“ Das sei der alleinige Grund für das Minus bei den Zinserträgen. Da diese Wertpapiere aber langfristige Anlagen seien und auf kurze Sicht nicht aufgelöst würden, sei gar nichts passiert, das seien reine Buchverluste und die reale Auswirkung sei Null.
Die Ertragsrechnung der AK-Wien (Screenshot).
Den vielgepriesenen privaten Pensionsversicherungen passiert es übrigens immer wieder, dass ihre Veranlagungen ein negatives Zinssaldo erwirtschaften. Da regen sich dieselben Kräfte aber nicht darüber auf, denn die Forcierung der Privatpensionen mit großen Versprechungen war ja ein wichtiges Anliegen der ÖVP-FPÖ-Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.
Hauptsache Krawall
Das bedeutet also, dass das Geschrei von „exxpress“ und FPÖ, dass die AK die Beiträge ihrer Mitglieder verzocken würde, ganz einfach nicht stimmt. Das interessiert aber dort offenbar niemanden, denn die AK in ein schiefes Licht zu rücken, scheint interessanter zu sein als die Wahrheit. Es hätte auch genügt, einen Blick in den öffentlich zugänglich Rechnungsabschluss der AK-Wien oder der anderen betroffenen Länderkammern zu werfen, um zu verstehen, was passiert ist, oder zumindest bei der AK nachzufragen, so wie wir das taten.
Ein lustiges Detail am Rande: In der Wiener AK-Vollversammlung haben alle Fraktionen dem Rechnungsabschluss zugestimmt, also auch die „Freiheitlichen Arbeitnehmer“ und die der ÖVP nahestehende „Fraktion Christlicher Gewerkschafter“. FPÖ und „exxpress“ hätten also nur bei den eigenen Gewerkschaftern nachfragen müssen.