Gefühlt alle Jahre kommt die Diskussion über die Zentralmatura wieder auf, vor allem rund um das Angstfach Mathematik. So pendelt jedes Jahr die Quote der „Nicht genügend“-Beurteilungen in Mathematik zwischen rund zwanzig und rund zehn Prozent für die Gymnasien, ähnlich sieht es bei HTL, HLW, HAK und Co. aus. So wissen die heranwachsenden Arbeiterinnen und Arbeiter bereits bei Antritt ihrer Schulausbildung, dass ein Drittel die Schule nicht beenden wird, und den Verbleibenden ist bekannt, dass bis zu zwanzig Prozent nicht auf dem herkömmlichen Wege zur Matura kommen wird.
Dem öffentlichen Interesse gemäß geben sich die Politikerinnen und Politiker entsetzt und schreien lautstark nach Reformen, allen voran Bildungsminister Heinz Faßmann. Dieser ließ verlautbaren, dass die Aufgaben und deren Erstellerinnen und Ersteller schuld an den schlechten Ergebnissen seien. Künftig soll die Matura „berufsorientierter“ gestaltet werden. Was auch immer das bedeuten möchte.
Die Frage, warum, der Lernstoff, das Tempo, damit einhergehend der Druck auf Lehrpersonal sowie Schülerinnen und Schüler sowie Form nicht geändert werden, bleibt „ein Rätsel“. Ähnlich einem Auto, welches nach 500 Metern Strecke nicht mehr fährt und man daraufhin entscheidet, es pink statt schwarz zu lackieren, aber das eigentliche Problem nicht bearbeitet wird.
Dieses System passt wie die Faust auf’s Auge
Für die herrschende Klasse, für das Kapital ist dieses Schulsystem perfekt. Sie bekommen genau, wonach sie fragen: Den Schülerinnen und Schülern wird im Unterricht schon schmackhaft gemacht, wie toll nicht neue/alternative, um ehrlich zu sein nichts anderes als extrem prekäre, Beschäftigungsverhältnisse sind. Fachwissen ist nicht mehr gefragt, sondern wie gut man sich beim Vorstellungsgespräch verkauft. Deshalb verdrängen Bewerbungstraining und Persönlichkeitsbildung zunehmend Wissen, Didaktik und Fachkompetenz aus den Klassenzimmern. Das führt dazu, dass die hohe Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die ohne Schulabschluss die Schule verlassen, da sie dem Druck nicht standhalten können, zunehmend als Lohndrückerinnen und Lohndrücker fungiert.
So ist es wenig verwunderlich, dass auf einer Prüfung herumgeritten wird, anstatt die Probleme lösen, die zu schlechtem Abschneiden führen. Man lenkt von den Problemen der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrerinnen und Lehrer ab, wie Leistungsdruck, Angstattacken und Burn-Out-Syndrome, die schon im Kindes- und Jugendalter vermehrt auftreten.
Gerade in Krisenzeiten, wie aktuell, sind billige Arbeitskräfte gefragt. Schülerinnen und Schüler bilden davon eine geeignete Teilgruppe: keine Erfahrung, bereit oft den Job zu wechseln und gute EDV-Kenntnisse, um Automatisierung durch Algorithmen zu unterstützen. So wird auch diese Reform keine Zukunftsperspektiven für Schülerinnen und Schüler bringen, während sich das Monopolkapital die Hände reibt.
Quelle: Kurier/Die Presse/DerStandard