Eine aktuelle EU-Umfrage zeigt, dass Muslime in Österreich und anderen EU-Ländern häufig Diskriminierung erleben, besonders bei Arbeit, Wohnen und Bildung; ein Bericht der Antidiskriminierungsstelle Steiermark bestätigt diesen Trend und nennt einen Anstieg von 70 Prozent rassistischer Vorfälle.
Graz. Laut einer Studie der EU-Agentur für Grundrechte (FRA) erfahren Muslime und Muslimas in Österreich die stärkste Diskriminierung. Vor allem junge Muslime sind davon betroffen. Die Antidiskriminierungsstelle bestätigt, dass diese Ergebnisse auch die Situation in der Steiermark widerspiegeln.
Vor einigen Tagen wurde der FRA-Bericht „Being Muslim in the EU“ veröffentlicht, basierend auf einer EU-weiten Umfrage von 2022 unter Zuwanderern und ihren Nachkommen. Die Umfrage, an der 9.604 Personen aus 13 EU-Ländern teilnahmen, zeigt, dass fast die Hälfte der Befragten rassistische Diskriminierung erlebt – besonders stark in Österreich, Deutschland und Finnland. Personen mit muslimischem Hintergrund erfahren Diskriminierung vor allem bei der Arbeitssuche und am Arbeitsplatz. Auch in den Bereichen Wohnen, Kleidung und Bildung werden laut dem Bericht Probleme deutlich. Die Umfrage fand noch vor dem zurzeit stattfindenden Völkermord in Palästina statt.
70%iger Anstieg rassistischer Vorfälle
Im Vorjahr wurden von Juni bis Oktober 90 Fälle von Diskriminierung gegenüber Muslimen in der Steiermark registriert, in diesem Jahr waren es im gleichen Zeitraum 158 – ein Anstieg von 70 Prozent, erläutert Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle. Seit dem 1. Juni 2024 sei besonders in der Öffentlichkeit das Kopftuch vermehrt Anlass für Debatten, Diskussionen und auch Belästigungen, insbesondere gegenüber Mädchen ab 16 Jahren. Es werde etwa geäußert, sie sollten abgeschoben werden, sähen aus wie ein „Kartoffelsack“ und seien auch tätlichen Angriffen ausgesetzt.
Gabrovac zufolge werde die Fremdenfeindlichkeit derzeit unter anderem durch die laufenden Wahlkämpfe sowie den Gaza-Konflikt befeuert. Auch ein zunehmender Antisemitismus sei aktuell deutlich wahrnehmbar. Gabrovac berichtet, dass bei Vorfällen von Fremdenfeindlichkeit nur selten Zeugen einschreiten. Ein Beispiel sei der Vorfall am Tag des Grazer Fußball-Derbys, als ein junges Mädchen mit Kopftuch in der Straßenbahn von Fremden beschimpft wurde. Lediglich eine Augenzeugin, die anonym bleiben möchte, griff ein. Sie erklärte, dass sie zunächst die anderen Fahrgäste gefragt habe, ob der Rassismus nur sie störe. Nachdem ein Mann durch Blickkontakt signalisiert habe, nicht eingreifen zu wollen, sei sie jedoch zu dem Mädchen gegangen und habe es angesprochen. Dies entspreche auch dem Appell der Antidiskriminierungsstelle: Zivilcourage zu zeigen und solche Vorfälle zu melden.
Konstruierte Feindbilder
Was Gabrovac in diesem Kontext jedoch auslässt, ist, dass die hiesigen Medien selbst eine schwere Mitverantwortung für den zunehmenden Rassismus tragen, indem sie den Nahost-Konflikt unzureichend oder einseitig darstellen. Anstatt umfassend über die komplexen Realitäten der israelischen Besatzung, die Apartheid und die schweren Menschenrechtsverletzungen zu berichten, fokussiert man sich allein auf den Konflikt als „Antiterrorkrieg“ gegen die Hamas. Diese Verkürzung verkennt die jahrzehntelange Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung und die systematische Unterdrückung, die sie erlebt, und trägt zur Verbreitung voreingenommener Bilder und fremdenfeindlicher Haltungen bei, die letztlich den Diskurs über den Konflikt und die muslimische Gemeinschaft in Europa negativ beeinflussen.
Quelle: ORF