Wien. Die Arbeiterkammer Wien legt mit der neuen Auswertung der Foresight-Studie zur Lebensqualität junger Menschen erneut offen, was viele längst wissen: Die Jugend in dieser Stadt lebt im Dauerzustand der Unsicherheit. Und dieser Zustand ist kein individuelles Versagen, kein „falsches Konsumverhalten“ oder mangelnde Leistungsbereitschaft. Es ist der Ausdruck einer tiefen Krise des kapitalistischen Systems, das die Zukunft der jüngeren Generation systematisch verknappt, in der soziologischen Forschung wurde schon vor vielen Jahren die Abstiegsgesellschaft diagnostiziert. Den Jungen geht es schlechter als ihrer Elterngeneration und diese Entwicklung schreibt sich immer weiter fort. Hierbei geht es aber nicht um einen Generationenkonflikt, in dem die Älteren über ihre Verhältnisse gelegt haben, sondern einen Klassenkonflikt, in dem das Vermögen immer weiter konzentriert wird und die Reichen reicher werden, während die Jugend mehrheitlich unter zunehmend prekären Bedingungen lebt.
Arbeiten und trotzdem arm
Von den rund 418.000 jungen Menschen zwischen 16 und 30 Jahren in Wien geht die Mehrheit arbeiten oder macht eine Lehre. Doch fast keiner und keine von ihnen kann darauf bauen, dass Arbeit ein gutes Leben ermöglicht. Nur 27 Prozent sagen, dass ihr Einkommen reicht – 2003 waren es noch 33 Prozent. Gleichzeitig hat sich die Zahl jener, die gar nicht über die Runden kommen, von 16 auf 32 Prozent verdoppelt.
Die Krise wird sichtbar in der steigenden Arbeitslosigkeit unter 30-Jährigen, in befristeten Verträgen, in kleinen Löhnen und im wachsenden Druck, jede noch so schlechte Stelle annehmen zu müssen. Der Kapitalismus bietet für junge Menschen keine Perspektive, sondern nur das Versprechen permanenter Unsicherheit – ein Versprechen, das er zuverlässig erfüllt.
Mieten als Profitmaschine
Noch deutlicher als am Arbeitsmarkt zeigt sich die Logik des Kapitals auf dem Wohnungsmarkt. Während fast jede und jeder Zweite in privater Hauptmiete lebt, sind gerade diese Wohnungen unleistbar geworden. Die Neubau-Mieten sind von 8,50 Euro auf fast 14 Euro pro Quadratmeter gestiegen – ein Plus von über 60 Prozent in gut anderthalb Jahrzehnten.
Das hat nichts mit Notwendigkeiten wegen steigender Kosten zu tun, sondern mit politisch gewollter Profitmaximierung privater Eigentümerinnen und Eigentümer. Die öffentliche Hand zieht sich zurück, der soziale Wohnbau wird bürokratisiert und gedeckelt, während Immobilienkonzerne freie Hand haben. Für junge Menschen bedeutet das: Befristungen, ständige Umzüge, aufgeblähte Mieten – und oft das Leben in viel zu kleinen Wohnungen, vor allem für jene mit Kindern.
Eine Jugend ohne Stimme
185.000 junge Menschen in Wien leben im wahlfähigen Alter – und dürfen nicht wählen. Nicht, weil sie sich nicht beteiligen wollen, sondern weil sie aufgrund der restriktiven Staatsbürgerschaftsregeln ausgeschlossen werden. Viele sind hier geboren, sind hier zur Schule gegangen und arbeiten hier. Sie leben die Wiener Realität, aber die Politik verweigert ihnen systematisch das Recht, diese Realität mitzugestalten.
Das ist kein Zufall, sondern Teil einer Logik, die breite Teile der Arbeiterklasse – und insbesondere migrantische Jugendliche – politisch in Teilen entrechtet hält. Denn wer keine Stimme hat, kann schwerer Widerstand leisten.
Die Arbeiterkammer fordert bessere Bezahlung, mehr Ausbildungsplätze, unbefristete Mietverträge, einfacheren Zugang zu gefördertem Wohnen und den Abbau der Hürden zur Staatsbürgerschaft. Das alles ist richtig und wichtig. Aber es wären bloß Reparaturen an einem System, das die Lebensgrundlagen junger Menschen strukturell verschlechtert. Denn der Kern des Problems liegt nicht in einzelnen Regeln oder Versäumnissen – er liegt im kapitalistischen Prinzip selbst: Wohnen als Ware, Arbeit als Kostenfaktor, Menschenrechte als Privileg. Solange Profit über Bedürfnisse gestellt wird, wird jede Reform nur ein Tropfen auf den heißen Stein bleiben. Die Jugendfront der Partei der Arbeit kämpft in Wien und dem Rest Österreich eben für eine grundlegende Verbesserung der Lage der Jugend mit einer Perspektive die Über den Kapitalismus, der die Wurzel der Krise darstellt hinausweist.
Quelle: ORF
















































































