In der vergangenen Woche schlug der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer vor, Steueranreize für Vollzeitbeschäftigung und Mehrarbeit zu schaffen. Dieser Vorschlag ignoriert die Realität vieler Familien, für die die ÖVP (mit)verantwortlich ist.
Linz. Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) ging im Gespräch mit den Oberösterreichischen Nachrichten in der vergangenen Woche mit dem Vorschlag an die Öffentlichkeit, dass Steuervorteile für Vollzeitbeschäftigte geschaffen werden sollen. Er möchte hierdurch mehr Menschen von Teilzeit- in Vollzeitarbeit. Dieser Vorstoß passt zur Politik der ÖVP ebenso wie zur oberösterreichischen Landesregierung.
3,65 Milliarden Euro soll die Abschaffung der kalten Progression im kommenden Jahr bringen. Zwei Drittel davon werden aufgewandt, um die Steuerstufen anzupassen und ein Drittel sind variabel einsetzbar. Dieses Drittel schlägt Stelzer vor, in Anreize für Vollzeitbeschäftigung zu investieren.
Vollzeitarbeit ohne Kinderbetreuung – Vorschlag ein Hohn für alle Mütter
Der Vorschlag kommt von einem ÖVP-Politiker, der es trotz der Einigkeit über alle Parteien, dass Kinderbetreuung notwendig und sinnvoll ist, diese in Oberösterreich sogar zusammengekürzt hat. Oberösterreich hat die wenigsten Kinderbetreuungsplätze in ganz Österreich. Für unter Dreijährige liegt das von Stelzer regierte Bundesland im Bundesländervergleich auf dem letzten Platz und bei den Drei- bis Sechsjährigen auf dem vorletzten. Auch in Sachen Öffnungszeiten, also Ganztagsbetreuung, ist das Land sehr schlecht aufgestellt. Lediglich knapp ein Viertel der Betreuungsplätze für 3–6‑Jährige entspricht dem Vereinbarkeitsindikator, der ausweist, ob durch die Betreuung eine Vollzeitbeschäftigung möglich ist. Erst 2017 führte die ÖVP geführte Landesregierung neuerlich Gebühren für die Nachmittagsbetreuung ein und wenn das Kind mit unter drei Jahren in die öffentliche Betreuung soll, ist das Vorweisen eines Arbeitsvertrages vielfach erwünscht.
Vor diesem Hintergrund scheint der Vorschlag von Stelzer ein Hohn für alle Mütter, die statistisch besonders häufig von Teilzeitarbeit betroffen sind, eben auch wegen mangelnder Betreuungsangebote. Steueranreize schaffen keine Infrastruktur für die Kinderbetreuung, das vergisst Stelzer bei seinem Vorstoß offensichtlich. Aber damit verschiebt man die Verantwortung und wälzt sie auf die Arbeiterklasse ab, indem Rahmenbedingungen ausgeblendet werden und so getan wird, als sei alles eine individuelle Aufgabe.
Hinschlagen auf Arbeitslose
Stelzer phantasiert in diesem Zusammenhang davon, dass man mit den Steueranreizen mehr Menschen von Teilzeit in Vollzeit bekäme, uns somit den Arbeitskräftemangel abmildern könnte, auch Mehrarbeit soll, wenn es nach Stelzer geht, mit den Steuerersparnissen gefördert werden. Alles im Dienste des Kapitals und der Profite. Bessere Arbeitsbedingung sowie Löhne spielen natürlich keine Rolle
Stattdessen lässt es sich der oberösterreichische Landeshauptmann in ÖVP-Manier nicht nehmen, im Rahmen des Gespräches mit den Oberösterreichischen Nachrichten noch einmal auf die Erwerbslosen hinzuhauen. Er forderte Verschärfungen im Zusammenhang mit dem Bezug von Arbeitslosengeld bezüglich Bezugshöhe bei längerer Arbeitssuche und Zuverdienst.
Quelle: OÖ Nachrichten/ORF/AK Oberösterreich