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Jeder zehnte Junge in Österreich erlebt sexualisierte Gewalt

In Österreich wird bei einem Fachkongress in Wien darauf hingewiesen, dass etwa jeder zehnte Junge bis zum 18. Lebensjahr Opfer von sexueller Gewalt wird, wobei stereotype Geschlechterbilder das Wegschauen begünstigen.

Wien. Jeder zehnte Junge in Österreich erleidet schätzungsweise bis zum Alter von 18 Jahren sexuellen Missbrauch. Obwohl diese hohe Zahl und die oft schwerwiegenden Auswirkungen auf die Betroffenen bekannt sind, bleibt das Thema nach wie vor tabuisiert. Ein Fachkongress in Wien strebt an, den Fokus auf die Opfer zu lenken und Bewusstsein für dieses wichtige Anliegen zu schaffen.

Die Wiener Männerberatung erklärte in einem Statement, dass ein entscheidender Grund für das Ignorieren von sexuellem Missbrauch vor allem in den stereotypen Vorstellungen von Geschlechterrollen und dem Bild von Männlichkeit liege. Die Gesellschaft neige dazu, Jungen und Männern hauptsächlich die Rolle des Täters zuzuweisen, während sie als Opfer weitgehend im blinden Fleck der Wahrnehmung bleiben würden.

Ein Phänomen des Ignorierens tritt insbesondere auf, wenn Frauen als Täterinnen fungieren. Auch hier führen stereotype Vorstellungen über die Beziehung zwischen Täter und Opfer dazu, dass solche Übergriffe oft unbeachtet bleiben und den Opfern häufig kein Glauben geschenkt wird. Dunkelstudien schätzen, dass etwa 25 Prozent der sexuellen Gewalt von Frauen begangen werden.

Durch andere Probleme auffällig

Jungen, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind, versuchen oft, über ihre Erfahrungen zu sprechen oder Hilfe zu suchen. Bedauerlicherweise wird ihnen jedoch in der Regel nicht zugehört. In einigen Fällen gelangen sie wegen anderer „Auffälligkeiten“ in das Hilfesystem, wo jedoch die sexuelle Gewalt nicht als relevantes Thema behandelt wird, erklärt die Männerberatung.

Die Übergriffe haben oft schwerwiegende Auswirkungen auf die Opfer. Hubert Steger, ein klinischer Psychologe und Bereichsleiter für Betroffenenunterstützung und Prozessbegleitung bei der Männerberatung Wien, erklärt, dass zu den psychischen Folgen erlittener Gewalt verschiedene und teilweise massive Langzeitwirkungen gehören, wie zum Beispiel die Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung.

„Hinschauen und zuhören“

Vorfälle sexueller Übergriffe in Institutionen wie Heimen, Schulen und Kindergärten sind besser dokumentiert. Die Wiener Heimkinderstudie von 2018 zeigt beispielsweise, dass über 60 Prozent der ehemaligen männlichen Heimkinder Opfer von Gewalt, einschließlich sexuellem Missbrauch, wurden. Schätzungen bezüglich der Dunkelziffern deuten darauf hin, dass die tatsächlichen Zahlen noch weit höher liegen könnten.

Die Fachtagung am kommenden Montag strebt danach, einen umfassenden Einblick in die neuesten Forschungsergebnisse bezüglich sexueller Gewalt gegen Buben zu geben, sowie Beispiele für wirksame Präventionsmaßnahmen aufzuzeigen. Die zentrale Botschaft lautet: „Hinschauen und zuhören!“ Das beinhaltet auch, der Perspektive der Opfer Gehör zu schenken. Im Rahmen der Fachtagung werden daher auch (ehemals) Betroffene ihre persönlichen Erfahrungen mitteilen.

Quelle: ORF

BILDQUELLEBoom via Pexels
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