HomeWeitere RessortsKommentarÖsterreichs Neutralität - Hülle mit wenig Inhalt

Österreichs Neutralität – Hülle mit wenig Inhalt

Kommentar von Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)

Führten die ersten Auslandsbesuche österreichischer Außenminister früher in Nachbarländer wie die neutrale Schweiz, macht die NATO-affine Beate Meinl-Reisinger eine Symbolpolitik der ehrlicheren Art. Ihre erste Dienstreise führte sie nach Brüssel zu Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihrer stramm russophoben und bellizistischen Außenbeauftragten Kaja Kallas. Da ist es nur logisch, dass die zweite Dienstreise der österreichischen Außenministerin nach Kiew führte, oder Kyjiw, wie die Mainstream-Presse in einheitlichem Kodex neuerdings schreibt (schreiben sie auch Beograd, Moskwa oder Beijing? Natürlich nicht.).

In Kiew gab sie die übliche EU-NATO-Kriegspropaganda von sich: Die Ukraine kämpfe nicht nur für sich, sondern für alle Europäerinnen und Europäer, Österreicherinnen und Österreicher. Damit hat sie ja fast recht, mit nur einem wesentlichen Unterschied: Die Ukraine wird missbraucht für den Stellvertreterkrieg des politischen Westens gegen Russland. Dass das Land dabei vor die Hunde geht, ist für die Kriegstreiber nicht mehr als ein Kollateralschaden.

Meinl-Reisinger betonte in Kiew, dass Österreich nur militärisch neutral sei, nicht politisch. Dass Österreich eigentlich überhaupt nicht neutral ist, ist mittlerweile eine Tatsache. Denn militärisch waren wir es ohnehin nie, da irrt die Außenministerin. Österreich hatte militärisch seit Gründung des Bundesheeres eine Westanbindung. Die Radarstationen an unseren Nordostgrenzen reichen mit ihren „Ohren“ tief nach Russland hinein und dienten schon zu Zeiten der Sowjetunion NATO-Interessen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Kooperationen des Bundesheeres mit der NATO, und auch die Beteiligung an den EU-Battlegroups ist mit der Neutralität nicht vereinbar. Auch politisch war Österreichs zweite Republik niemals neutral, sondern immer fest in den politischen Westen eingebunden und natürlich in den westeuropäischen Imperialismus.

Unsere formell noch bestehende Neutralität schützt unsere junge Generation vor Kriegseinsätzen und das Land vor einer formellen NATO-Mitgliedschaft. Das ist das Einzige, das uns von der Neutralität bleibt. 

Die von den Mächtigen aller Couleur abgelegten Bekenntnisse zur Neutralität dienen der Beruhigung der Bevölkerung, die immer noch mehrheitlich der Meinung ist, Österreichs verfassungsmäßig festgeschriebene Neutralität sei etwas Gutes. Bei der SPÖ dient es als Valium für die eigene Basis. Bei der KPÖ und anderen Kräften, die sich an die Reste der nicht mehr vorhandenen Neutralität klammern, besteht die Illusion, es habe irgendwann tatsächlich eine österreichische Neutralität gegeben. Natürlich ist nicht zu leugnen, dass die SPÖ-Alleinregierungen in den 1970er Jahren außenpolitisch Akzente setzen konnten, die heute undenkbar sind. Damals war Österreich allerdings nicht Mitglied der EU, die sich immer mehr zu einem Kriegsbündnis mit aggressiver Außenpolitik entwickelte. Es hindert aber die österreichische Bundesregierung niemand daran, international für Frieden, Entspannung und Abrüstung einzutreten und dies auch in den EU-Gremien zu tun, außer natürlich ihr eigenes Politikverständnis.

Wir von der Partei der Arbeit sind selbstverständlich auch dafür, das, was an der Neutralität noch nicht aufgelöst ist, zu erhalten und zu nutzen. Wir sind nur gegen die Verklärung der Geschichte einerseits und Illusionen in die Zukunft andererseits.

Ein Treppenwitz der Geschichte ist übrigens, dass sich ausgerechnet die FPÖ als Verteidigerin Österreichs und der Neutralität aufplustert. Die FPÖ ging aus der VdU hervor, einer Partei der „Ehemaligen“, also alter Nazis, für die es nur ein großdeutsches Reich gab und keine österreichische Nation. Vor einigen Jahrzehnten war die FPÖ übrigens die einzige Partei, die für einen NATO-Beitritt Österreichs eintrat. Diese Rolle hat mittlerweile die Partei der Außenministerin übernommen.

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