Zwei Tage nach dem verheerenden Amoklauf an der Grazer Schule BORG Dreierschützengasse mit zehn Todesopfern und elf schwer Verletzten steht Österreich noch immer unter Schock. Während die Ermittlungen zum Motiv des Täters weiterlaufen, mehren sich gesellschaftliche und politische Stimmen, die Konsequenzen fordern. Besonders deutlich äußerte sich am Mittwoch die Jugendorganisation der Partei der Arbeit Österreichs (PdA). Die Jugendfront übte in einer Stellungnahme scharfe Kritik an den politischen Rahmenbedingungen und sprach von „systemischen Versäumnissen“.
Am Dienstagvormittag hatte ein 21-jähriger ehemaliger Schüler mit zwei Schusswaffen – einer Pistole und einer Schrotflinte – in zwei Klassenräumen wahllos das Feuer eröffnet. Zehn Menschen, darunter Schülerinnen und Schüler verschiedener Jahrgänge sowie eine Lehrkraft, wurden getötet. Der Täter nahm sich laut Polizei unmittelbar vor dem Eintreffen der Spezialeinheit Cobra das Leben. Elf schwer verletzte Personen – alle zwischen 15 und 18 Jahre alt – konnten inzwischen auf Normalstationen verlegt werden.
Die medizinische Versorgung lief unter Extrembedingungen ab. Insgesamt wurden 240 Einsatzkräfte, 65 Rettungsfahrzeuge und drei Notarzthubschrauber mobilisiert. Die Grazer Spitäler LKH, UKH und LKH West II richteten binnen Minuten Schockräume und Angehörigenstellen ein. Auch Klinikpersonal wurde psychologisch betreut – nicht zuletzt, weil mehrere der Opfereltern selbst im steirischen Gesundheitswesen tätig sind.
Neben der Trauer um die Opfer rücken nun politische Fragen in den Fokus. Die Jugendfront der PdA erklärte, man wolle sich nicht an Mutmaßungen über das Motiv beteiligen, sehe aber „gravierende strukturelle Defizite“, die zu einer erhöhten Anfälligkeit für derartige Taten beitrügen.
„Gewalt, auch an Schulen, ist Symptom eines kranken Systems“, heißt es in der Erklärung der Zentralen Leitung der Jugendfront. Besonders hart geht sie mit der Bildungspolitik der Regierung ins Gericht. Die Behauptung, an allen Schulen gebe es funktionierende Krisenpläne für den Fall eines Amoklaufs, sei „schlicht falsch“. Viele Schulen verfügten über keine oder nur lückenhafte Konzepte. Auch die 2024 verpflichtend eingeführten Gewaltschutzkonzepte seien mangels zentraler Erarbeitung und Schulung in der Praxis oft wirkungslos.
Die Jugendfront verweist zudem auf einen chronischen Mangel an Schulpsychologinnen und ‑psychologen: Rund 5.600 Schüler kommen auf eine volle Planstelle – ein Verhältnis, das in Anbetracht steigender psychischer Belastungen unter Jugendlichen als alarmierend gilt. Auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie sei überlastet; Wartezeiten auf Therapieplätze betrügen teils mehrere Monate.
„Die Regierung verweigert jenen Bereichen finanzielle Mittel, die nicht unmittelbar Profit versprechen“, heißt es weiter. Das führe zu einem „Wohlstandsverlust der Arbeiterklasse“ und verschärfe soziale Unsicherheiten, aus denen sich Gewalt speisen könne.
Steiermarks Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) und Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) lobten das reibungslose Zusammenspiel der Rettungsorganisationen und hoben die Bedeutung psychosozialer Nachsorge hervor. In der Helmut-List-Halle stehen weiterhin Psychologinnen und Psychologen für Schüler, Eltern und Lehrkräfte bereit. Wann der Schulbetrieb wieder aufgenommen wird, ist noch unklar.
Quelle: ZdA/ORF/Jugendfront