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Regierungskapitulation, Durchseuchung und kapitalistische Parasiten

Kommentar von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)

Lange hat es nicht gedauert, bis die neu geschaffene und militärisch aufgerüstete GECKO-Kommission gegenüber der Corona-Pandemie bedingungslos kapituliert – und mit ihr die österreichische Bundesregierung. Denn nichts Anderes ist geschehen in den letzten Tagen: Man verzichtet auf weitere Versuche, das Infektionsgeschehen ernsthaft einzudämmen, man verzichtet darauf, die Bevölkerung zu schützen. Damit ist die schon länger absehbare „Strategie“ einer kontrollierten Durchseuchung nun in ihre unkontrollierte Phase eingetreten.

Das SARS-CoV-2-Virus darf jetzt weitgehend ungehindert breitere Kreise ziehen, wofür die Omikron-Variante der praktische Kollaborateur ist: Sie ist ohnedies schon besonders infektiös, erfasst aber auch ungeniert geimpfte Menschen, selbst „geboosterte“, wie der Bundeskanzler sogleich im Selbstversuch belegen konnte. Auf diese Weise könnte es doch noch zur einst erhofften „Herdenimmunität“ und zu einer in der Bevölkerung endemischen Viruserkrankung kommen, und am besten sei es freilich, sowohl geimpft als auch genesen zu sein – was für viele Menschen auch der Fall sein wird. Angesichts von Omikron scheint der viel beschworene „Gamechanger“ Impfung bezüglich des kollektiven Infektionsgeschehens vorerst ausgespielt zu haben, vor einem individuell schweren CoViD-19-Krankheitsverlauf können die bisherigen Vakzine aber trotzdem schützen, wenngleich in reduziertem Ausmaß und über kürzere Perioden.

Offenbar setzt die Regierung darauf, dass Omikron generell zu milderen Verläufen führt, was sich bislang auch anzudeuten scheint. Doch nimmt sie damit tatsächliche Masseninfektionen in Kauf, die es im bisherigen Pandemieverlauf eigentlich nicht gab. Das Maximum an gleichzeitig aktiven Fällen lag in Österreich bei rund 165.000 und wurde im letzten November erreicht – das entspricht bei neun Millionen Einwohnern 1,8 Prozent. Das bedeutet: Zu jedem Zeitpunkt der Pandemie waren über 98 Prozent der österreichischen Bevölkerung gesund, zumeist sogar über 99 Prozent. Das ist nicht unbedingt das, was man sich landläufig unter einer verheerenden Epidemie vorstellt, doch in Summe haben knapp 1,3 Millionen Menschen eine Corona-Infektion hinter sich – und dies sind dann schon 14 Prozent. Über 13.000 Menschen sind gestorben, also 0,14 Prozent der Bevölkerung. Die nunmehrigen Entscheidungen – oder Nichtentscheidungen – der Bundesregierung sind geeignet, diese Zahlen nach oben zu treiben. Auch bei relativ häufigeren milderen Verläufen werden Masseninfektionen die absoluten Zahlen der ernsthaft Erkrankten und der Todesfälle vermutlich vergrößern. Das hat nicht nur mit Mathematik und Statistik zu tun, sondern auch mit dem erwartbaren Ausfall von notwendigem Gesundheitspersonal, von dem es ohnedies zu wenig gibt.

Die Regierung reagiert darauf mit einer widersprüchlichen Herangehensweise, nämlich mit der Verkürzung von Quarantänezeiten und mit der Aufweichung der Kontaktpersonenregeln. Das Ziel ist es hierbei, die Menschen als formell „arbeitsfähig“ zu erhalten, wobei vorrangig die Rede von „kritischer Infrastruktur“ ist, doch hintergründig geht es natürlich auch um die ganz banale Profitproduktion, die nicht weiter gestört werden soll. Viel deutlicher kann die Regierung eigentlich nicht klarmachen, dass sie sich um die Gesundheit der Bevölkerung wenig schert – sie setzt ihre bisherige Ausrichtung fort und treibt sie auf die Spitze: Privat und in der Freizeit sollen sich die Menschen seit fast zwei Jahren massiv einschränken, aber unter möglichst allen ausreizbaren Umständen sollen sie weiterhin arbeiten gehen. Blanker Hohn ist es, dass bei den neuen „Maßnahmen“ das Liebkind Wintertourismus überhaupt nicht vorkommt. Die kapitalistische Profitmacherei und Ausbeutung müssen auch unter Pandemiebedingungen funktionieren. Das Infektionsgeschehen und die Durchseuchung werden dadurch sogar begünstigt. Man könnte Unfähigkeit der Regierung vermuten, muss aber mit Absicht rechnen.

Die sehr wohl gesetzten Maßnahmen sind hingegen lächerlich: Die FFP2-Maskenpflicht im Freien ist hauptsächlich – abgesehen von punktuellen Ansammlungen – eine Alibiaktion und im Großteil des Landes eine weitgehend absurde Vorgabe. Daneben setzt man weiter auf Sündenböcke, denn die Regierung kann es ja nicht sein, die irgendwas nicht richtig macht: Der fortgesetzte Lockdown für Ungeimpfte – deren Zahl sich durch die Verkürzung der Grünen Pass-Gültigkeit übrigens gerade erhöht – soll nun flächendeckend kontrolliert werden. Das ist nicht nur schwer durchführbar, sondern auch mit Unterstellungen verbunden. Einerseits wird damit suggeriert, die Ungeimpften würden sich nicht an die Regelung halten, wofür es abgesehen von Einzelfällen keine Indizien gibt; ebenfalls suggeriert wird, es seien Verordnungsverstöße von Ungeimpften, die zu den steigenden Omikronfallzahlen führen, was ebenso wenig zutreffen dürfte, denn Omikron infiziert ja alle; und fortgesetzt wird die Diffamierung in Richtung Ungeimpfte, wonach diese ganz grundsätzlich, immer und überall Virenschleudern sein würden, was ebenfalls nicht stimmt: Mindestens 98 Prozent der Ungeimpften sind nämlich, zumindest bisher, nicht infiziert – oder, wie man mit einer inzwischen etwas altmodischen Begrifflichkeit sagen kann: gesund. Millionen gesunde, gesetzestreue und regelmäßig getestete Bürger mit endlosen Repressionen zu bedenken, ist Ausdruck eines entgleisten Herrschaftsverständnisses einer gescheiterten Regierung.

Dazu passt dann auch das Beharren auf die Einführung der Impfpflicht mit Februar 2022. Inzwischen ist zwar fraglich, ob dieser Termin überhaupt technisch und organisatorisch haltbar ist, doch das markiert nur ein weiteres Regierungsversagen. Wichtiger ist: Vor dem Hintergrund der Omikronentwicklung gibt es wohl auch rechtliche Implikationen, die man nicht einfach so vom Tisch wischen kann. Ein schwerer Eingriff in die persönlichen Rechte der Bürger will schon umfassend gerechtfertigt, unbedingt notwendig und verfassungsrechtlich wasserdicht sein, und dies erscheint zunehmend noch weniger gegeben. Ironischer Weise könnte aber die nunmehrige bewusste „Laissez-faire“-Politik in Richtung Masseninfektionen und Durchseuchung der Impfpflicht wieder eine juristische Hintertür öffnen, aber dies ist abzuwarten. Richtig ist eine Impfpflicht so oder so nicht. 

Man kann es drehen und wenden, wie man möchte, in Wirklichkeit gäbe es nur eine logische Maßnahme gegenüber den explodierenden Omikron-Infektionen, so man sie tatsächlich eindämmen wollte – und dies wäre ein sofortiger und umfassender Lockdown für alle, inklusive der Schulen. Doch dazu ist die Regierung nicht bereit, denn eine solche Entscheidung ist nicht nur in der Bevölkerung (und unter den Geimpften) höchst unpopulär, sondern auch seitens des Kapitals. Die Unternehmen erhalten zwar Millionen und Milliarden Euro an Entschädigungen, doch schlussendlich muss im Kapitalismus Mehrwert produziert werden – man kann nicht auf Dauer alles über die staatliche Umverteilung zugunsten des Kapitals regeln, wenn es nichts mehr zu verteilen gibt. Da wir aber schon davon sprechen, so sei nochmals auf den tieferen Grund für die Pandemielage erinnert, denn auch das ist der Kapitalismus mit seinem Herrschafts- und Ausbeutungssystem des bürgerlichen Staatswesens.

Es ist kein Naturgesetz, dass das österreichische Gesundheitssystem nicht pandemietauglich ist, sondern diese Tatsache beruht auf bewussten politischen Entscheidungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte. Vieles im öffentlichen Bereich wurde von Bundes- und Landesregierungen aller Coleurs kaputtgespart, manches privatisiert, um auch mit der Gesundheit Profite zu machen. Es gibt zu wenige Ärzte und Ärztinnen, zu wenig Pflegepersonal, das auch noch zu gering entlohnt wird, es gibt dementsprechend permanente Arbeitsüberlastung – nicht erst seit der Pandemie. Es wurden immer wieder Betten und Intensiveinheiten abgebaut, Stationen und ganze Krankenhäuser geschlossen. Denn die Regierungen des Kapitals wollen die Kosten für die Volksgesundheit minimieren, obwohl es die Masse der arbeitenden Menschen ist, die über Steuern das Staatsbudget bereitstellt. Aber die selbst mit fürstlichen Gehältern versorgten Regierungen brauchen das Geld, um es den Konzernen, Banken und Multimillionären in den Rachen zu werfen – das ist ihre Aufgabe. Die Bevölkerung interessiert nicht. Die gegenwärtige Situation wurde aus Profitgier und Missachtung der Menschen bewusst und gezielt herbeigeführt. Diese Wahrheit darf man den Herrschenden nicht ersparen. Übrigens auch nicht nach Ende der akuten Phase der Pandemie, wenn es bald wieder heißen wird, man müsse im Gesundheitssystem neue Einsparungen durchführen.

Einen Scheiß muss man. Es gibt in Österreich ausreichend finanzielle Mittel, um ein flächendeckendes, hochwertiges und kostenloses Gesundheitssystem für alle zu realisieren, das auch gegenüber etwaigen Pandemien stabil bleibt. Nur liegt das nicht im Interesse der ökonomischen und politischen „Eliten“ des Kapitalismus. Sie sind es, die wir uns nicht mehr leisten können – und nicht mehr leisten sollten. Sie können durch den gemeinsamen Willen der ausgebeuteten und unterdrückten Mehrheit leicht „eingespart“ werden. Um das zu erreichen, darf man sich aber auch nicht weiter spalten lassen: Es geht nicht um Geimpfte und Ungeimpfte, nicht um Alte und Junge, nicht um Staatsbürger und Migranten, nicht um Frauen und Männer. Das Kapital und seine politischen Lakaien sind die wahren Feinde des arbeitenden Volkes, der Kapitalismus ist die Plage, die die Menschheit heimsucht und die ausgemerzt werden muss. Wenn das Corona-Virus besiegt ist, wird es Zeit, die kapitalistischen Parasiten zu beseitigen.

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