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Tag des Aufruhrs in Israel

Die geplante undemokratische Justizreform zog erneut tausende Menschen auf die Straße, um dagegen zu protestieren. Gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten kamen diesmal auch Blendgranaten zum Einsatz.

Tel Aviv/Jerusalem. Nun schon zum wiederholten Male liefert die Regierung Netanjahu negative Schlagzeilen in Bezug auf ihren Umgang mit Demonstrantinnen und Demonstranten. Am Mittwoch kam es erneut zu Massenprotesten gegen die von der Regierung geplante Justizreform. Die Polizeidistrikte vermuteten bereits vorher, dass die Demonstrationen an diesem Tag, den die Organisatorinnen und Organisatoren als „Tag des Aufruhrs“ bezeichnet haben, noch zunehmen würden.

Tausende Menschen gingen auf die Straßen des Landes und blockierten beispielsweise mehrfach die Verbindungsstraße zwischen Jerusalem und Tel Aviv. Die Repressionsorgane des Staates setzten in Tel Aviv Wasserwerfer, Rauchbomben und sogar Blendgranaten ein, um der Lage Herr zu werden.

Berittene Polizisten versuchten, die Demonstrantinnen und Demonstranten daran zu hindern, die Barrikaden zu durchbrechen, während sich der Verkehr staute. Live-Bilder zeigten auch, wie die Polizei Menschen von der Straße zog, während die Demonstranten „Schande“ und „Wir sind die Mehrheit und wir sind auf der Straße“ riefen. Polizeiangaben zufolge wurden mindestens neun Personen verhaftet. Israels Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, sagte, er werde „Anarchisten“ nicht erlauben, Straßen zu blockieren. Ministerpräsident Netanjahu erklärte via Twitter, seine Regierung werde „Gewalt gegen Polizeibeamte, Straßensperren und abscheuliche Verstöße gegen staatliche Gesetze“ nicht akzeptieren. Er fügte hinzu, dass das „Recht auf Protest nicht das Recht auf Anarchie“ sei.

Todesstrafe für Terroristen

Netanjahus rechtsextreme Koalitionsregierung hat im Januar eine Justizreform vorgeschlagen. Diese Justizreform sieht drastische Einschnitte in die bereits zuvor stark lädierte bürgerlich demokratische Verfassung des Landes vor. Dem Parlament soll es durch die Reform beispielsweise möglich sein, Entscheidungen des Höchstgerichts mit einfacher Mehrheit aufzuheben, bei der Ernennung von Richterinnen und Richtern wiederum soll die Politik mehr Einflussmöglichkeiten erhalten.

Außerdem steht die Abstimmung über einen Gesetzesentwurf an, der vorsieht, dass eine parlamentarische Dreiviertelmehrheit nötig wäre, um einen Ministerpräsidenten abzusetzen. Eine solche Amtsenthebung wäre darüber hinaus nur mehr aus gesundheitlichen Gründen möglich. Last but not least wurde ein Gesetzesvorhaben diskutiert, das die Todesstrafe für mutmaßliche Terroristen vorsieht. Die Abgeordnete Limor Son Bar-Melech (Osma Jehudit) brachte den Entwurf ein und 55 von 120 Abgeordnete stimmten dafür. Allein neun stimmten dagegen, der Rest enthielt sich oder war bei der Sitzung nicht anwesend. Wie sich dies auf eine ohnehin de facto für vogelfrei erklärte palästinensische Bevölkerung auswirken wird, ist keine Frage der Hellsicht.

Es liegt auf der Hand, warum eine Vielzahl der israelischen Bevölkerung eine Entdemokratisierung des Landes befürchtet und deshalb auf die Straße geht. Einen großen Aufschrei gab es nicht nur von israelischen Rechtsexpertinnen und ‑experten. Auch viele Unternehmer, der zurzeit erstarkende Technologiesektor und bekannte Wirtschaftswissenschaftler warnen vor wirtschaftlichen Turbulenzen im Zuge der Gesetzesänderungen. An vereinzelten Stellen soll es sogar zu Demonstrationen von Armeereservisten gekommen sein, die sich verpflichtet haben, Befehle zu verweigern, die nach der Verabschiedung der Novelle zu einer Diktatur führen würden.

Quellen: ORF / AJ

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