HomeInternationalesDer Kaukasus im Fadenkreuz imperialistischer Widersprüche

Der Kaukasus im Fadenkreuz imperialistischer Widersprüche

Teheran/Baku/Jerewan/Ankara. Jahre nach der militärischen Auseinandersetzung zwischen der Russischen Föderation und Georgien brach letztes Jahr ein neuerlicher Krieg in der Kaukasus-Region aus, nämlich um Bergkarabach, der von den Herrschenden beider Seiten mit nationalistischem Eifer, Revanchismus und Militarismus geführt wurde. Die militärische Situation am Kaukasus mit seinen unausgeschöpften Öl- und Gasreservoirs sowie als regionaler Handelsknotenpunkt, speziell für den Energiemarkt, wird jedoch wieder heißer und treibt die Eskalationsspirale zwischen den Nationalstaaten in der Region weiter an.

Iran und Aserbaidschan im Konflikt, Israel und Türkei als Anheizer?

Georgien, die Türkei und Aserbaidschan führten diesen Montag gemeinsame Militärübungen aus, mit dem strategischen Ziel, die Sicherheit der Baku-Tbilisi-Ceyhan Ölpipeline sicherzustellen. Georgiens Verteidigungsminister, Juansher Burchuladze, kündigte an, dass die teilnehmenden Länder ein trilaterales Militärabkommen abgeschlossen haben und in näherer Zukunft weitere Militärübungen in Georgien folgen werden. Dieser neue Militärblock fordert wiederum den iranischen Staat heraus: Schon im Bergkarabach-Konflikt letztes Jahr demonstrierte Aserbaidschan, wie stark israelische Waffensysteme für das eigene Arsenal benutzt worden sind. Weiter muss betont werden, dass die Türkei und Israel ebenfalls gemeinsame Sicherheitsinteressen verfolgen. In gewisser Weise vermutet der Iran eine Drohkulisse, die gemeinsam von der Türkei und Israel gegen Irans Präsenz am Kaukasus aufgezogen wird. Das theokratische Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, merkte letzte Woche in einem Seitenhieb gegen die Türkei an: „Diejenigen, die Brüdern [Iran und Aserbaidschan, Anm. d. Red.] Fallen stellen, werden die ersten sein, die hinein tappen werden.“ 

Der Pressesprecher des iranischen Außenministeriums sagte in diesem Zusammenhang bewusst provokant: „Wir werden die Präsenz des zionistischen Regimes an unseren Grenzen nicht tolerieren.“ Letzte Woche lancierte der Iran überraschend Militärmanöver an seiner Grenze zu Aserbaidschan unter dem Namen „Eroberer von Kheibar“. Zur Info: Kheibar war in der frühislamischen Geschichte jener Kampfschauplatz, an dem die ersten Muslime die jüdischen Bewohner der Oasen-Region Kheibar besiegten. Während der Iran mit den Säbeln rasselt, leugnete der aserbaidschanische Staat jegliche Präsenz israelischer Soldaten im Land.

Kein Ende in Sicht

Der geopolitische Konflikt spießt sich an einer strategischen Transportroute in Armenien, dem Zangezur-Korridor, der gleichzeitig von hoher ökonomischer und militärischer Bedeutung für den Iran ist. Im von Russland koordinierten Waffenstillstandsvertrag sicherte Armenien zu, dass Transportrouten bereitgestellt werden, die die teilautonome Republik Nakhchivan, welche von ethnischen Aserbaidschanern bewohnt wird, mit Aserbaidschan verbinden. Sollte Armenien dem nicht nachkommen, würde Baku sich das Recht vorbehalten, militärisch in den armenischen Zangezur-Korridor einzufallen.

Aktuell konvergieren die ökonomischen Interessen der Türkei, Georgiens und Aserbaidschans: deren Militärs beginnen den Luftraum im Südkaukasus immer mehr zu dominieren, etablieren Sicherheitsprotokolle rund um Pipelines und begrenzen Armeniens Warenverkehr. So wurde 200 armenischen LKWs die Weiterfahrt nach Russland verwehrt. Aserbaidschan wiederum begann, iranische LKW-Fahrern mit Gebühren zu belasten – sollte Aserbaidschan den Zangezur-Korridor okkupieren, würde der Iran vom Nordkaukasus abgeschottet werden. Ökonomische und militärische Konflikte gehen Hand in Hand. Armenien und der Iran versuchen ihre Beziehungen nun zu stärken und den Zangezur-Korridor zu umgehen. Für die EU und China stellt der Kaukausus auch eine bedeutende Region dar für ihre Versuche, den Energiemarkt dort zu monopolisieren – nicht zuletzt durch Chinas „Neue Seidenstraße“, welche sicherlich die politischen Konstellationen neu aufmischen könnte.

Quelle: Al Monitor

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