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Schülerproteste gegen mündliche Matura und Corona-Chaos

Wien. Am Mittwoch versammelten sich einige hundert Schülerinnen und Schüler auf dem Wiener Stephansplatz, um einen weiteren Schulstreik gegen die geplante verpflichtende mündliche Matura abzuhalten. Von dort gab es eine Demonstration zum Bildungsministerium, wo mit Sprechchören der Protest laut artikuliert wurde.

Die heurigen Maturantinnen und Maturanten wären die ersten, die ihre Matura während der Corona-Pandemie auch verpflichtend mündlich ablegen müssten. So will es jedenfalls ein Erlass von Bildungsminister Martin Pollaschek. Schülervertreterinnen und Schülervertreter halten dem entgegen, dass der diesjährige Maturajahrgang derjenige ist, der schon das dritte Jahr in Folge von den negativen Auswirkungen der Pandemie betroffen ist, und damit mehr als alle 8. Klassen bisher.

Sehr deutlich wurde bei den Protesten auch, dass sich Einiges an Unmut über das Corona-Chaos unter den Schülerinnen und Schülern aufgestaut hat. Die SPÖ-Vorfeldorganisation „Aktion Kritischer SchülerInnen – aks“ organisierte die Demonstration, und tut sich als bisher einzige politische Kraft hervor. Es gibt aber auch eine Reihe von unabhängigen Schul- und Klassensprechern, die sich organisierend in die Proteste einschalten.

Der aks geht es dabei selbstverständlich nicht um die Interessen der Schülerinnen und Schüler, die von der Pandemie und den Maßnahmen der Regierung hart getroffen wurden. Für die aks dürften im Zentrum der Motivation zwei Aspekte stehen. Einerseits ist die SPÖ in der Opposition und die Türkis-Grüne-Regierung ist trotz wiederholter Krisen weiterhin im Amt. Die aks leistet hiermit ihren Beitrag, die SPÖ wieder populärer zu machen und ihr zu helfen, möglichst schnell wieder in Regierungsverantwortung zu kommen. Andererseits finden am Ende jedes Schuljahres die Wahlen zu den Landesschülervertretungen des nächsten Jahres statt, die wiederum die Bundesschülervertretung wählen. Die Bundesschülervertretung wählt aus ihren Reihen den Bundesschulsprecher, den seit 2006 durchgehend die Schülerunion stellt. Gewählt wird die Landesschülervertretung von den Schulsprecherinnen und Schulsprechern eines Bundeslandes aus den eigenen Reihen. Der aks als Organisation geht es im Wesentlichen also um die Unterstützung der oppositionellen SPÖ und die Eroberung eines sozialpartnerschaftlichen Gremiums, um es zur Unterstützung der SPÖ nutzen zu können. Das spiegelt sich auch in den Forderungen der Schulstreiks wider, die sich auf die Probleme von Maturantinnen und Maturanten beschränken. Die zahlreichen Probleme, mit denen Schülerinnen und Schüler nicht erst seit Beginn der Pandemie konfrontiert sind und die durch die Pandemie weiter verschärft wurden, bleiben völlig außen vor. Damit wird auch von vorneherein verhindert, dass die Proteste eine Massenbasis gewinnen könnten und die aks die Kontrolle verlieren könnte. Es geht schließlich nur darum, möglichst viele Schulsprecherinnen und Schulsprecher von der Wahl der Aktion kritischer Schüler zu überzeugen.

Kategorisch abgelehnt werden Kampfmaßnahmen unterdessen seitens der ÖVP-Vorfeldorganisation „Schülerunion“, die auch die Bundesschulsprecherin stellt. Man wolle in Verhandlungen mit dem zuständigen Minister Änderungen erreichen. Ähnlich wie in der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH), der gesetzlichen Interessensvertretung der Studierenden, entscheidet über Protest oder Verhandlung, ob die Interessensvertreter der Regierungspartei angehören oder eben nicht.

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