HomePolitikMeistertitel im Reisepass: "Haben wirklich andere Sorgen"

Meistertitel im Reisepass: „Haben wirklich andere Sorgen“

Österreich als Land der Titel und Orden ist künftig um einen Titel reicher: Meister dürfen sich das Kürzel „Mst.“ in ihre amtlichen Dokumente eintragen lassen, Meisterinnen sind „Mst​.in“.

Wien. Großen Jubel gibt es bei der Wirtschaftskammer Österreich über die Möglichkeit, künftig Meistertitel ebenso wie akademische Titel in amtliche Dokumente eintragen zu lassen. Mit der Novelle der Gewerbeordnung wurde diese Großtat diese Woche im Parlament beschlossen. Der Meistertitel soll damit auf eine Stufe mit dem Bachelor gehoben werden. „Lobet mir die Meister sehr“ hieß es schon in früheren Tagen. Damit ist aber das Können und Wissen von Handwerksmeistern und nicht die Ausstattung mit Titeln gemeint. Freilich schadet es auch nicht, diese Qualifikation aufzuwerten, jedoch sind viele Meister darauf gar nicht erpicht. 

„Titel im Reisepass interessiert mich Null“

Eine kleine Zufallsumfrage bei drei Selbständigen, einem Baumeister, einem Tischlermeister und einer Friseurmeisterin ergab, dass alle drei nicht vorhaben, ihren Titel künftig eintragen zu lassen. „Wir haben gerade wirklich ganz andere Sorgen“ sagt Baumeister Otmar O. „So etwas kann nur den blutleeren Bürokraten in den Innungen eigefallen sein“ meint Tischlermeister Reinhard S., und weiter: „Wenn die WKO wirklich etwas für uns Meister tun will, dann soll sie für eine Entrümpelung der Gewerbeordnung und vieler unsinniger Gesetze und Vorschriften sorgen.“ Friseurmeisterin Nicole W.: „Ich habe die Corona-Sperre mit Ach und Weh überstanden, wie es aber weitergeht, kann niemand sagen. Ob ich einen Titel im Reisepass habe, interessiert mich da gerade Null.“ Schon die Wahlbeteiligung bei Wirtschaftskammerwahlen zeigt deutlich, dass die WKO und ihre Mitglieder offensichtlich nicht die gleichen Prioritäten haben. WKO-Obmann Harald Mahrer ist übrigens kein Meister, zumindest nicht in einem Beruf. Seine Meisterschaft besteh dafür im Ämter und Posten kumulieren.

Titelwirrwarr wird um eine Facette reicher

Die Anpassung akademischer Titel an die EU-Vorschriften hat schon dafür gesorgt, dass sich jemand, der nicht aus dieser akademischen Welt kommt, ohnehin nicht mehr auskennt, was für einen Titel er da gerade vor sich hat: „Msc“, „Bachelor“, „MA“ sind hässliche Bürokratenkreationen. Jetzt kommt halt „Mst.“ dazu. Dann kann es theoretisch den „wirklichen Hofrat, Mcs., Mst. Rudi Hudriwudi“ geben. Bravo, Kottan!

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