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Italien: Gewerkschafter im Streik getötet

Relativ kurz nach den brutalen Ereignissen in Lodi geht die Reaktion in Italien im Namen des Profits ein Stück weiter – ein 37-jähriger Gewerkschaftsfunktionär wird bei einem Streikposten in Biandrate vorsätzlich von einem herausfahrenden LKW überfahren. Es war Mord.

Italien/Biandrate. Erst gestern berichteten wir über einen schockierenden Fall in Italien, in dem Schlägertrupps vom Unternehmen angeheuert wurden, um streikende Arbeiter praktisch niederzuprügeln, während die Polizei einfach zusah. Einer der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter wurde dabei fast umgebracht, sein Leben konnte im Krankenhaus geradeso noch gerettet werden. 

Die zuständige Gewerkschaft Si-Cobas schrieb nicht grundlos:

„Aber wenn dies bedeutet, dass die Arbeiter ihr Leben riskieren, um ihre Rechte einzufordern, und passiv die Gewalt und Wut der Arbeitgeber ertragen müssen, dann ist die Organisation der proletarischen Selbstverteidigung notwendig und nicht länger aufzuschieben!“

Gestern traf es in der Gemeinde Biandrate (Novara) einen Streikposten vor einer örtlichen Lidl-Filiale, der sich mit Si-Cobas dem landesweiten Logistik-Streik angeschlossen hatte. Im Zuge des Streiks, an dem sich mehrere Dutzend Arbeiterinnen und Arbeitern beteiligten und der darauf angelegt war, die LKWs der Lidl-Filiale am Vorbeikommen zu hindern, ließ ein noch nicht identifizierter Fahrer, anstatt anzuhalten, den Fuß auf dem Gaspedal und überfuhr zuerst zwei Aktivisten, die den Zusammenstoß aber zum Glück überlebten, und dann Adil Belakhdim, der sofort tot war. Der Mörder fuhr einfach weg.

„Das ist der Stand des Klassenkampfes in Italien: Die Unternehmen machen, was sie wollen, und Gewerkschafter sterben für den Profit. Unternehmensherren, Regierung, Confindustria: Wir klagen euch an. Ihr alle seid schuldig“, so die Einschätzung der Kommunistischen Jugendfront (FGC).

Adil Belakhdim

Der Verstorbene, Adil Belakhdim, war 37 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei kleinen Kindern. Aus Marokko stammend, schuftete er jahrelang für TNT, die letzten Jahre widmete er vermehrt dem Aufbau der heutigen Gewerkschaftsorganisation von Si-Cobas in Novara, er wurde deren Hauptkoordinator und bald darauf auch Mitglied der Bundesleitung von Si-Cobas. D.h. er war in allen gewerkschaftlichen Aktionen von Si-Cobas im Raum Novara involviert und koordinierend tätig. Selbst von vorgestern ist laut der offiziellen Presseaussendung von Si-Cobas eine Sprachmitteilung erhalten geblieben, in der er seinen Genossinnen und Genossen die gestrige Aktion erklärte und über die Wichtigkeit der Teilnahme am landesweiten Streik aufklärte, ebenjene Aktion, die zu seinem Tod führen sollte.

Es ist legitim, in der momentanen Atmosphäre der Spannung und Repression der klassenkämpferischen Kräfte in Italien von Mord zu sprechen. Si-Cobas betonen in ihrer Aussendung, dass es sich dabei nicht um einen Unfall gehandelt hat: „Es war kein Unfall: Adil wurde im Namen des Profits umgebracht!“, sowie, in einem größeren Zusammenhang: „Die Unternehmensherren wollten einen Toten und sie haben es geschafft.“

Jedes Mittel recht

Diese Eskalation der Gewalt lässt sich laut Si-Cobas in ein größeres Spektrum ruchloser und ungestrafter Gewalt gegen die im Fadenkreuz der Konzerne stehenden klassenkämpferischen (und eben nicht sozialpartnerschaftlich aufgestellten) Gewerkschaften einordnen, „die Geldstrafen gegen die Streikenden, die bewaffneten Angriffe von Bodyguards und Streikbrechern in San Giuliano und Lodi, ganz zu schweigen von den Straf-Razzien bei Texprint vor zwei Tagen, sind Teil eines einzigen Plans, bei dem die Unternehmensherren und das organisierte Verbrechen (das riesige Geschäfte in der Logistik macht) vereint und konzentrisch handeln, um die Streiks der Arbeiter gegen die Riesenausbeutung und zur Verteidigung der Errungenschaften, die im Laufe der Jahre durch den gewerkschaftlichen Kampf, vor allem durch SI Cobas, erkämpft wurden, mit Gewalt zu zerschlagen: eine Gewalt, die fast immer von der rücksichtslosen Unterdrückung durch die Polizei gegen Streiks und Arbeiterkämpfe unterstützt und genährt wird.“

Solidarität auch aus Griechenland

Solidaritätsbekundungen trafen bei der Familie Belakhdim von folgenden Gewerkschaften ein: CUB, USB, SGB und Opposizione CGIL, abgesehen davon solidarisierte sich auch die griechische PAME, die „im Namen aller klassenkämpferischen Gewerkschaften Griechenlands der Familie und den Arbeitskollegen von Adil Belakhdim ihr Beileid“ aussprach. Die Ereignisse von gestern „enthüllen die brutalste Fratze der von den Konzernherren ausgeübten Gewalt, zeigen den Mechanismus, den sie anwenden, um Streiks zu brechen, und den Druck, der gegen das Streikrecht der Arbeiter selbst ausgeübt wird“, schreibt die PAME außerdem und hält fest: „Adil Belakhdim wurde umgebracht, während er für sein Leben und für die Rechte seiner Klasse kämpfte.“

Trotz alledem – am 19. Juni zur Kundgebung in Rom

Die in der heutigen Großkundgebung in Rom involvierten Gewerkschaften Si-Cobas, ADL Cobas, CUB, SGB und USB sowie die Kommunistische Jugendfront (FGC), die die andauernden Schikanen gegen Gewerkschaftsfunktionärinnen und ‑funktionäre in Italien mitverfolgt und darüber informiert hat, mobilisieren weiterhin und nun mit stärkerem Nachdruck zur Kundgebung:

„Das ist die Zukunft, die uns erwartet, wenn wir nicht mit Organisierung und Kampf antworten und alle fortschrittlichsten und kämpferischsten Erfahrungen des Arbeiterkampfes zu einer großen Klassenfront vereinen, die in der Lage ist, die Offensive der Arbeitgeber zurückzuschlagen. Es gibt keine Minute zu verlieren: Die Stunde hat geschlagen. Hinauszögern bedeutet Platz für diejenigen zu lassen, die bereits auf die Arbeiter einschlagen. Wir können nicht zulassen, dass die gewerkschaftliche und politische Zersplitterung der Klassenorganisationen den Konzernherren die Freiheit lässt, ungestört zu handeln.

Morgen, am 19. Juni, werden wir alle in Rom auf die Straße gehen, um eine große Demonstration gegen die Repression, den squadrismo und die Aufhebung des Kündigungsstopps durchzuführen. Um klar zu sagen, dass Adil nicht durch einen Unfall gestorben ist, sondern im Namen des Profits getötet wurde und dass er in unseren Kämpfen weiterleben wird. Jetzt ist es an der Zeit, sich um die kämpfenden Arbeiter zu scharen und den Grundstein für eine Antwort zu legen, die dieser Offensive der Konzernherren wirklich etwas entgegensetzen kann: einen großen Generalstreik“, schreibt die Kommunistische Jugendfront (FGC).

Quelle: Zeitung der Arbeit/Si Cobas/L’Ordine Nuovo/FGC

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