HomePolitikWie die Agrar-Lobby Hilfsbereite verhöhnt

Wie die Agrar-Lobby Hilfsbereite verhöhnt

Überlaufene Job-Drehscheibe wird als Werbeplattform missbraucht.

Nach tränennahen Hilferufen der Großbauern angesichts unsicherer Billigstarbeitskräfte aus dem Ausland war die Bereitschaft, die heimische Landwirtschaft tatkräftig zu unterstützen, enorm: Wie berichtet haben sich über 20.000 Menschen gemeldet, darunter BOKU-Studierende mit Spezialwissen und körperlich belastbare Gastro-Beschäftigte, die gerade dringend einen Job suchen.

Mail der Wirtschaftskammer bzgl. der Plattform www​.dielebensmittelhelfer​.at.

Nur – aus den großmundigen Ankündigungen („Wir brauchen jede helfende Hand“) auf der Seite www​.dielebensmittelhelfer​.at wurde nichts. Stattdessen jagt eine Wahnsinnsmeldung die nächste, die Einblicke in die Geisteswelt von so manchem Großbauern und Agrarfunktionären gewähren:

  • Eigentlich für die Job-Vermittlung eingerichtet, versenden die Betreiber von „Die Lebensmittelhelfer“ Infos, wie man der Agrar-Industrie als Konsument behilflich sein darf (siehe Faksimile). So als würde nach dem Vorstellungsgespräch beim Fastfood-Restaurant gesagt werden: „Für die Stelle haben wir jemand billigeren gefunden, aber wollen Sie vielleicht eine Apfeltasche kaufen?“
  • Die Staatsanwaltschaft Linz ermittelt gegen einen Landwirt, der 15 Erntehelfer aus der Ukraine über Nacht eingesperrt haben soll.
  • Statt auf verfügbare Arbeitskräfte in der Region zurückzugreifen, wurden in Tirol extra 143 Erntehelfer aus Rumänien (das selbst nicht mehr angeflogen werden darf) eingeflogen. Einer davon wurde positiv auf SARS-CoV‑2 getestet und könnte im Flugzeug weitere Menschen angesteckt haben.
  • Bei einem angekündigten Bedarf von 14.000 Helferinnen und Helfern wurden bisher, nach knapp einem Monat, lediglich 1.000 vermittelt. Offensichtlich legen viele Betriebe bei der Suche nach Saisoniers doch nicht alles Vertrauen in Kammer und Ministerium.

Die völlig nach hinten losgegangene Aktion der ÖVP-durchsetzten Landwirtschaftskammer hat eines deutlich gemacht: Es gibt mehr als genug Menschen im Land, die sich für die Lebensmittelproduktion keineswegs „zu gut“ sind und in der jetzigen Situation auch Stundenlöhne zwischen 8 und 9 Euro hinnehmen würden. Vielmehr liegt der Schluss nahe, dass manche Betriebe nicht einmal die bestehenden Regeln einhalten wollen.

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