HomeInternationales200.000 Schüler und Studenten auf den Straßen Italiens

200.000 Schüler und Studenten auf den Straßen Italiens

Für den 18. Februar waren Schüler- und Studierenden-Demonstrationen in ganz Italien angekündigt. Die Kommunistische Jugendfront brachte dabei über 200.000 Menschen auf die Straße.

Italien. Bilder von Massendemonstrationen der Schülerinnen, Schüler und Studierenden spukten in den vergangenen Tagen durch die italienische Medienlandschaft. Die Demonstrationen wurden in 40 Städten Italiens unter Anleitung der Kommunistischen Jugendfront (Fronte della gioventù comunista – FGC) abgehalten, ihre Leuchtkraft war so groß, dass selbst bürgerliche Medien darüber großflächig berichteten, manche den objektiven Boden der Tatsachen verlassend. 

Über die Gründe für die Proteste berichteten wir bereits. In der jüngeren Vergangenheit wurde eine Vielzahl an Demonstrationen, Kundgebungen, Streiks und Schulbesetzungen durchgeführt, einerseits weil die Probleme des italienischen Schulsystems persistieren und systemischer Natur sind – das duale Schulsystem zwingt italienische Schülerinnen und Schüler zu unbezahlten Praktika während ihrer Schulzeit, um Unternehmen kostenlose Arbeitskraft zuzuführen, gleichzeitig sollen die Schülerinnen und Schüler auch in diesem Jahr eine Matura ablegen, die nicht auf die zwei vergangenen Pandemiejahre Rücksicht nimmt, gleichzeitig ist das Lehrpersonal unterbezahlt und muss die Lehrprogramme in kürzester Zeit durchpauken, parallel dazu brauchen tausende Schulen eine Grundsanierung, da Schülerinnen und Schülern wortwörtlich die Decke auf den Kopf fällt und und und… 

Und natürlich bleibt da noch die Klärung der zwei jüngsten Opfer des italienischen Schulsystems, des achtzehnjährigen Lorenzo Parelli, der am letzten Tag seines unbezahlten Praktikums von einem Stahlträger getötet wurde und des gerade erst sechzehnjährigen Giuseppe Lenoci, der auf einem Außendiensteinsatz seines unbezahlten Praktikums, den es gar nicht hätte geben dürfen, bei einem Autounfall verstarb. Die italienischen Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten haben also allen Grund zum Unmut und zum Kampf gegen ein System, das sie willkürlich Konzerninteressen opfert und sie auf ein ganzes Leben im Prekariat einschwören will, ein System, das täglich tötet und mit dem Knüppel der Polizeigewalt verteidigt wird. 

Nein zur Schule der Herrschenden!

„Heute sind 200.000 Schüler auf der Straße. Sie sind ein außergewöhnliches Signal. Die neuen Generationen haben dem ganzen Land einen Schock versetzt und das Spielzeug der ’nationalen Einheit‘ der Regierung Draghi zerschlagen“, so Lorenzo Lang, Vorsitzender der Kommunistischen Jugendfront, den Erfolg der Schülerproteste kommentierend. 

200.000 Menschen folgten dem Ruf der marxistisch-leninistischen Jugendorganisation FGC, in ganz Italien wird die systematische Ausbeutung des dualen Schulsystems angeprangert. Allein in Turin, wo es in jüngster Vergangenheit zu besonders brutalen Niederschlagungsversuchen durch die Polizei gekommen war, waren rund 10.000 Demonstrierende auf der Straße. 

„Diese Studentenbewegung stellt eine ganz klare politische Frage: Das System des Wechsels zwischen Schule und Praktikum ist ein System der Ausbeutung, des Mangels an Rechten und Sicherheit. Das muss aufhören. Mussten wir auf die Toten warten, um das zu verstehen? Wir können die Bildung nicht nach den Bedürfnissen der Unternehmen ausrichten, wir können nicht mit dem Modell der unternehmerischen Schule weitermachen. Es gibt eine Generation, die verstanden hat, dass ihre Zukunft von Unsicherheit, Ausbeutung und Rechtlosigkeit geprägt sein wird, und die nicht bereit ist, dies kampflos hinzunehmen“.

Flankiert werden die Schülerproteste auch von direkt involviertem Lehrpersonal, das in Interviews mit italienischen Medien den Schülerinnen und Schülern volle Solidarität zugesprochen hat. Der FGC hat es geschafft, diese über Generationen und gesellschaftlichem Stand hinausgehenden Kämpfe zu einem einzigen zu vereinen. 

Gegen NATO und Confindustria

Im Zuge der Demonstrationen wurde auch die Bühne dafür genutzt, um auf die Gefahr herannahender imperialistischer Kriege vonseiten der NATO, EU und Russland aufmerksam zu machen und sich klar und deutlich davon zu distanzieren. In klaren Losungen wurde der Austritt Italiens aus der NATO gefordert: „Italien raus aus der NATO und NATO raus aus Italien“. Die Schülerinnen, Schüler, Studierenden und die Arbeiterschaft, die mit ihrem Gehalt nicht bis Monatsende kommen, bräuchten keine Kriegseinsätze in der Ukraine, Militärbasen in Italien und Gelder für die Waffenindustrie, sondern „einen anständigen Lohn und Arbeit“, so ein Redner des FGC. Der Kampf gegen Militarismus und Krieg hängt mit den Schülerprotesten, obwohl als allesumfassendes Problem gewiss selbsterklärend, auch dadurch zusammen, dass in Italien viele Schülerinnen und Schüler ihre unbezahlten Praktika in militärischen Strukturen ableisten müssen. 

Die Proteste in Italien zeigen deutlich, dass ein System, das Schülerinnen und Schüler schon von jung auf auf dem Altar des Profits opfert, nicht mehr tragbar ist. Die eindeutige Klassenorientierung der Proteste gegen ein Schulsystem, das gänzlich dem Willen der Confindustria (der größten italienischen Arbeitsgeberorganisation) gebeugt ist, wurden etwa auch in der symbolischen Verbrennung von Schriftzügen mit dem Logo der Confindustria deutlich. Der FGC äußerte sich dahingehend folgendermaßen: 

„Dies ist eine sehr wichtige politische Tatsache. Die heutige Mobilisierung ist nicht nur wegen der sehr großen Beteiligung, sondern auch wegen ihres politischen Inhalts außergewöhnlich. Diese Studentenbewegung hat eine klare Klassenorientierung. Wir wollen den Arbeitern, den kämpfenden Gewerkschaften sagen: Lasst diese Bewegung nicht allein. Wir müssen vorankommen, und wir brauchen auch euch. Wir brauchen einen großen Generalstreik. Die Zeit ist gekommen.“

Die Reihen enger schließen

Die Proteste des 18. Februars stehen insgesamt als Zeichen dafür, dass nur seröse und langwierige politische Arbeit Früchte trägt und dass Opportunismus nicht nur nicht notwendig ist, um einen breiteren Konsens zu erlangen, sondern auch gänzlich fehl am Platz ist. In diesem Kontext sind die Proteste auch als ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen linken Schüler- und Studierendenorganisationen zu werten, die im Mantel des Verbalradikalismus ihre ganze politische Tätigkeit darauf ausrichten, sich ein paar Plätze in den Schülerräten und Studierendenvertretungen zu sichern (etwa hierzulande in der ÖH) und das System von innen zu verändern. Es ist deutlich mehr vonnöten, wenn man tatsächlich etwas verändern will. Die FGC hat bewiesen, dass eine konsequente revolutionäre Stoßrichtung in den Kämpfen der Jugend, der Studentenschaft und der Arbeiterklasse nicht nur notwendig, sondern auch unter heutigen Umständen möglich ist. 

In ihrer letzten Stellungnahme in Bezug auf die Schülerproteste ergriff die Kommunistische Jugendfront noch einmal Gelegenheit, um zur Einheit innerhalb der Studentenbewegung aufzurufen – schon im Vorhinein versuchten italienische Medien, die Proteste als von „einzelnen Extremisten vereinnahmt“ darzustellen. Es folgten weitere Versuche, die Studentenbewegung in Misskredit zu bringen, etwa indem einzelne Aussagen von Protestierenden bei Interviews aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Wie schon vordem lässt sich der FGC davon nicht abbringen und warnt die Schülerinnen und Schüler vor Spaltungsversuchen: 

„Der Spaltungsversuch der Studentenbewegung hat begonnen. Mehrere Zeitungen verbreiten Fake News und sprechen von „Instrumentalisierung“, politischen Manövern und Unterwanderung. Sie suchen nach Stellungnahmen, um diese Verleumdung zu untermauern; sie haben sogar die (später dementierte) Nachricht erfunden, dass der Turiner Schülerrat sich von den Protesten distanziert hätte.

Sie wollen den Studenten Angst einjagen und sie davon überzeugen, dass der Kampf sinnlos sei. Die regierungsnahen Jugendorganisationen, die von den gestrigen Protesten gänzlich überwältigt wurden, werden nun versuchen, mit Unterstützung bestimmter Zeitungen und des Fernsehens, weiter zu spalten und die Bewegung auf versöhnlerische Positionen zu hieven. 

Dieses Drehbuch kennen wir bereits. Wir müssen sie entlarven und dürfen nicht zulassen, dass sie unsere Einheit sprengen. Sie haben Angst vor der Stärke, die sie gestern gesehen haben. 

Wir müssen die Reihen enger schließen und gemeinsam voranschreiten.“

Quelle: Zeitung der Arbeit /Zeitung der Arbeit / Sky/ Quotidiano Nazionale/FGC/FGC/FGC

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