Die Eskalation der Gewalt in Syrien offenbart erneut, wie eine ganze Region durch imperialistische Konflikte, Einmischungen, Interventionen und Kriege destabilisiert wurde und wird. Die jüngsten Zusammenstöße in der Vorstadt von Damaskus Jaramana und die fortgesetzten israelischen Luftangriffe auf syrisches Territorium verdeutlichen, dass die viel beschworene „Demokratie“ nach dem Sturz von Baschar al-Assad nicht mehr als ein Vorwand für die Zerschlagung der syrischen Staatlichkeit war. Die bewaffnete Opposition, die einst von westlichen Regierungen unterstützt wurde, hinterließ ein Land, das zum Spielball regionaler und globaler Mächte geworden ist.
Die Lage in Jaramana und die drusische Frage
Damaskus. Jaramana, eine mehrheitlich von Drusen und Christen bewohnte Damaszener Vorstadt, wurde in den vergangenen Tagen zum Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen. Über den Verlauf der Auseinandersetzungen gibt es unterschiedliche Darstellungen. Al-Jazeera berichtet, dass Angehörige einer drusischen Miliz einen Kontrollpunkt der islamistischen Miliz HTS angegriffen hätten.
Unter anderem die Tageszeitung junge Welt berichtet hingegen, dass zwei HTS-Kämpfer in den Ort eingedrungen wären und das Feuer auf drusische Milizionäre eröffnet hätten. Als diese das Feuer erwiderten, sei ein HTS-Kämpfer tödlich getroffen worden. Am selben Tag habe außerdem ein Mitglied der islamistischen Miliz auf einen Drusen eingestochen, der daraufhin in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Die Eskalation vor Ort wird durch die fortgesetzte Einmischung Israels noch weiter verschärft. Premierminister Benjamin Netanjahu erteilte seinem Militär den Befehl, sich auf eine Intervention zum „Schutz der Drusen“ vorzubereiten, und Verteidigungsminister Israel Katz drohte mit Konsequenzen für die syrischen Regierungstruppen.
Es ist ein altbekanntes Muster: Tel Aviv instrumentalisiert die ethnischen und religiösen Spannungen in seinen Nachbarstaaten, um seine geopolitischen Interessen durchzusetzen. Israel betrachtet nicht nur die Golanhöhen, sondern auch strategische Gebiete in Südsyrien als potenzielles Einflussgebiet und nutzt den Schutz von Minderheiten als Vorwand für seine Aggressionspolitik. Schon in der Vergangenheit hatte die israelische Regierung finanzielle und militärische Unterstützung für bestimmte drusische Fraktionen angedeutet, um eine Separationsbewegung im Süden Syriens zu fördern.
Luftangriffe und Besatzungspolitik
Während sich die Situation in Jaramana zuspitzt, setzt Israel seine Bombardierungen strategischer Ziele in Syrien fort. Jüngste Luftangriffe richteten sich gegen Einrichtungen in Tartus und der Region um Qardaha, der Heimatstadt des gestürzten Präsidenten Assad. Offiziell heißt es, dass damit verhindert werden solle, dass „Waffen in feindliche Hände geraten“. Tatsächlich verfolgt Israel eine Strategie der gezielten Destabilisierung, um sicherzustellen, dass sich keine unabhängigen staatlichen Strukturen mehr formieren können, die sich seinen hegemonialen Plänen widersetzen könnten.
Die völkerrechtswidrigen Luftangriffe und die faktische Besetzung von Teilen Südsyriens verstoßen gegen das 1974 zwischen Syrien und Israel getroffene Abkommen zur Truppenentflechtung. Doch die „internationale Gemeinschaft“ schweigt. Weder die UN noch die westlichen Länder, die so oft Menschenrechte als Argument für Sanktionen und militärische Interventionen benutzen, ergreifen Maßnahmen gegen diese Eskalation. In Wirklichkeit geht es bei der israelischen Politik nicht um Sicherheit oder Schutz von Minderheiten, sondern um die Schaffung eines geopolitischen Umfelds, das seine imperialen Ambitionen unterstützt.
Der Widerstand gegen Imperialismus und Spaltung
In dieser schwierigen Lage ist die Reaktion der progressiven Kräfte in der Region entscheidend. Syrische und libanesische Stimmen warnen eindringlich vor den israelischen Plänen. Walid Dschumblat, einer der politischen Führer der Drusen im Libanon, rief dazu auf, Israels „teuflischen Plan“ zu durchschauen und jegliche Versuche der Spaltung abzulehnen. Auch auf der Syrischen Nationalkonferenz wurde der israelische Expansionismus verurteilt und an die internationale Gemeinschaft appelliert, gegen die zunehmenden Verstöße Israels gegen das Völkerrecht vorzugehen.
Quelle: soL/AJ/AJ/junge Welt