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Prozess gegen acht Polizisten wegen Misshandlung

Nach zwei Jahren der Ungewissheit dürfte die Misshandlung eines Tschetschenen durch acht Polizisten und die darauffolgende Beweismittelvertuschung Konsequenzen haben. Ein dreitägiger Prozess wurde anberaumt.

Wien. Acht in Wien tätigen Polizisten wird vorgeworfen, bei einem Einsatz in einem Spiellokal in Favoriten einen Mann mit tschetschenischem Hintergrund ohne ersichtlichen Grund misshandelt zu haben. Ihnen wird Missbrauch der Amtsgewalt vorgeworfen, sie müssen sich nun vor Gericht wegen Körperverletzung verantworten. Die Tat ereignete sich nicht erst kürzlich, sondern am 13. Jänner 2019. Sie wäre auch unter den Teppich gekehrt worden, wäre nicht im Juli 2020 die Aufzeichnung einer Überwachungskamera veröffentlicht worden, in der die grausame Tat zu sehen war. Wir berichteten in einem größeren Zusammenhang über von Polizeikräften ausgehende und ohne Konsequenzen bleibende Gewalt in Österreich:

„Ausgerechnet am selben Tag, an dem Nehammer die skandalöse Statistik veröffentlichte, wurde die Suspendierung von acht Polizisten bekannt gegeben. Hintergrund ist das auf Videoaufnahmen festgehaltene, hemmungslose Treten und Schlagen eines wehrlosen Tschetschenen im Jänner 2019 (!) durch mehrere Polizeibeamte. Der Fall verdeutlicht das System hinter vertuschter Polizeigewalt: Die Beamten hatten ihre Prügelorgie nicht im Bericht der Amtshandlung ausgelassen, später alles abgestritten und sich gegenseitig gedeckt: Sie hatten den Tschetschenen anschließend auch wegen Verleumdung geklagt, wie Ö1 berichtet. Das Überwachungsvideo konnte offenbar über ein Jahr geheim gehalten werden und wurde durch eine undichte Stelle, nicht etwa durch aufklärungswillige Behörden, bekannt.“

Nichts dokumentiert – nichts passiert

Polizeiintern wurde der Übergriff erst im Dezember 2019 bekannt, da sich die Wiener Gebietskrankenkasse an die Landespolizeidirektion gewandt hatte, um die Behandlungskosten von der Polizei ersetzt zu bekommen. Der Tschetschene selbst hatte wohl aus Angst keine Anzeige erstattet, jedoch bei der Einlieferung angegeben, woher die Verletzungen stammten. Angst hatte er zu Recht, denn nach der Kontaktaufnahme des Spitals mit der Landespolizeidirektion leitete die Staatsanwaltschaft prompt ein Verfahren wegen Verleumdung ein. Der Übergriff, der im Grunde während einer Amtshandlung geschah, wurde den Vorschriften zum Trotz von den beteiligten Polizisten nicht schriftlich dokumentiert. Erst durch das Auftauchen des Videos wurde die Vernehmung der Polizisten, die vorerst unbehelligt blieben, von der Anklagebehörde als erforderlich empfunden. 

Das Verleumdungsverfahren wurde daraufhin eingestellt, die Polizisten zeitweise suspendiert und zwei von ihnen wurde zusätzlich Fälschung eines Beweismittels vorgeworfen, da nichts dokumentiert worden war. Ein unbeteiligter Zeuge wurde wegen mangelnder Sprachkompetenzen im Slowakischen und umgekehrt im Deutschen von den Polizeiermittlungen nicht berücksichtigt. Auf die Idee, einen Übersetzer zu Rate zu ziehen, kam man damals trotz des bekannten Beispiels aus der ersten Kottan ermittelt-Folge leider nicht. Im laufenden Gerichtsverfahren jedoch werden beide als Zeugen fungieren können, der unbeteiligte Slowake und der genesene Tschetschene. Der Prozess wird drei Tage dauern, für den 3. Juli ist eine Urteilsverkündung vorgesehen. Sollte es mit Schuldsprüchen ausgehen und dabei das verhängte Strafausmaß ein Jahr übersteigen, könnte man mit Amtsverlust rechnen.

Quelle: ORF/ZdA

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