Gerne wird in westlichen Medien die jüdische Herkunft des Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, als Beleg dafür genommen, dass die ukrainische Führung unmöglich etwas mit Neonazis zu tun haben könne. Aber neues Filmmaterial, das von Selenskyj selbst veröffentlicht wurde, zeigt ihn auf Frontbesuch beim berüchtigsten Neonazi der Ukraine, der einst versprach, die „weißen Rassen der Welt“ in einen letzten Kreuzzug gegen „semitengeführte Untermenschen“ zu führen.
Kiew. Am 14. August 2023, etwas mehr als eine Stunde, nachdem US-Außenminister Anthony Blinken weitere 200 Millionen Dollar an Militärhilfe für Kiew angekündigt hatte, veröffentlichte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Video, das ein „offenes Gespräch“ mit der 3. separaten Angriffsbrigade der Ukraine zeigt.
Diese Brigade ist nichts anderes, als das berüchtigte Neonazi-Bataillon „Asow“ in neuer Verkleidung. „Die 3. separate Angriffsbrigade, ausgezeichnete Kämpfer“, schrieb Selenskyj Tage nach der Begegnung in einem Twitter-Post, das auch auf ein separates Treffen mit dem Aidar-Bataillon anspielte, einer weiteren neofaschistischen Gruppe in der ukrainischen Armee, der sogar Amnesty International Kriegsverbrechen vorwirft.
Das Asow-Bataillon erklärte im Jänner die Verwandlung so: „Heute geben wir offiziell bekannt, dass die SSO AZOV zu einer Brigade erweitert wird. Von nun an sind wir die 3. separate Angriffsbrigade der Bodentruppen der Streitkräfte der Ukraine.“
Die Angriffsbrigade wird von Andrij Bilezki geführt, der das Asow-Bataillon gründete und als einer der einflussreichsten Chefideologen der ukrainischen Neonazis gilt. In trauter Eintracht mit dem Nazi-Führer ließ sich Selenskyj beim „offenen Gespräch“ fotografieren.
Die Laufbahn eines Faschisten
Biletskis Dissertation war eine Verteidigung der Ukrainischen Aufständischen Armee, einer Gruppe paramilitärischer Nazi-Kollaborateure, die von Stepan Banderas Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) gegründet wurde und ethnische Säuberungen von mehr als 100.000 Juden und Polen durchführte.
Nachdem er die Universität verlassen hatte, schloss sich Biletski schnell mehreren faschistischen Gruppierungen an, darunter die „Stepan Bandera Allukrainische Organisation ‚Tryzub‘ “ und die Sozial-Nationale Partei – nicht zu verwechseln mit der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NSDAP) Adolf Hitlers.
Biletski verließ die Sozial-Nationale Partei aus Protest im Jahr 2004, als die Gruppe begann, sich umzubenennen und sich von der offenen Neonazi-Symbolik zu entfernen. Zwei Jahre später leitete er die Organisation „Patrioten der Ukraine“, die für ihre offene Gewalt bekannt wurde. Die Gruppe steckte hinter der Besetzung und dem Brand des Hauptquartiers einer politischen Partei während des von den USA orchestrierten „Maidan“-Putsches im Jahr 2014.
Nach Angaben einer Charkiwer Menschenrechtsgruppe „vertraten (die Patrioten der Ukraine) fremdenfeindliche und neonazistische Ideen und waren an gewalttätigen Angriffen gegen Migranten, ausländische Studenten in Charkiw und diejenigen, die sich ihren Ansichten widersetzten, beteiligt“. Mehr noch: „Biletsky und einige andere Mitglieder wurden verdächtigt, gewaltsame Beschlagnahmungen von Zeitungskiosken und ähnliche kriminelle Aktivitäten begangen zu haben.“
„Seit drei Jahren in Folge ist die Organisation für ihre Fackelzüge auf dem Campus der Studenten in Charkiw, Kiew und Czernowitz bekannt, die ausländische Studenten, die in der Ukraine studieren, mit Terror erfüllen“, so eine andere Menschenrechtsgruppe im Jahr 2008.
Die Feinde sind Juden
Während einer Generalversammlung der Patrioten der Ukraine im Jahr 2009 schwärmte Bilezki: „Wie können wir unseren Feind beschreiben? Die Behörden und die Oligarchen. Haben sie etwas gemeinsam? Ja, sie haben eines gemeinsam: Sie sind Juden, oder hinter ihnen stehen ihre wahren Herren – Juden.“
Im Jahr 2011 wurde Biletsky verhaftet, weil er angeblich Mitgliedern seiner Gruppe befohlen hatte, einen Ultranationalisten im Büro der Gruppe nach einem Streit zu töten, und verbrachte die folgenden Jahre in Untersuchungshaft. Dank einer Resolution, die das ukrainische Parlament nach dem vom Westen unterstützten Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch verabschiedet hatte, wurde er schließlich 2014 freigelassen. Aber während seiner dreijährigen Haft gelang es Bilezki, eine Reihe seiner faschistischen Ergüsse in einer Textsammlung mit dem Titel „Das Wort des weißen Führers“ veröffentlichen zu lassen.
„Die Ukraine ist das Licht Europas! Unsere Nation hat immer noch genug Kraft, um diesem Zustrom von Ausländern standzuhalten, unser Land zu reinigen und das Feuer der Reinigung in ganz Europa zu entzünden!“, schreibt er in einem der Essays.
In einem anderen Aufsatz, in dem er die Ideologie des „Sozialnationalismus“ skizzierte, lobte Biletsky den Nationalsozialismus als „große Idee“, kritisierte aber die Nazis als unzureichend eugenisch in ihren Familienfürsorgeprogrammen. Er beklagte, dass sie Eltern mit mehreren Kindern unterstützten, „ohne die biologische Qualität jeder einzelnen Familie zu berücksichtigen“.
„Das Ergebnis“, fuhr er fort, „war ein signifikanter Anstieg der Geburtenrate, [aber] ein signifikanter Rückgang des Anteils des nordischen Typs an der Bevölkerung.“ Weil „diese sozialen Wohltaten auf die Massen abzielen, ermutigten sie das schlimmste menschliche Material, überhaupt ein Kind zur Welt zu bringen“, beklagte der selbsternannte „Weiße Führer“.
Ein späteres Bilezki-Manifest mit dem Titel „Sprache und Rasse – Hauptfragen“ erweiterte das Konzept des „sozial-nationalistischen“: „Der ukrainische Sozialnationalismus betrachtet die ukrainische Nation als eine blutrassische Gemeinschaft… Rasse ist alles für den Aufbau einer Nation – Rasse ist die Grundlage, auf der der Überbau in Form der nationalen Kultur wächst, die wiederum von der rassischen Natur des Volkes herrührt und nicht von Sprache, Religion, Wirtschaft usw.“
In Bezug auf die russischsprachige Bevölkerung der Ostukraine schrieb Bilezki: „Die Frage der totalen Ukrainisierung im zukünftigen sozial-nationalistischen Staat wird innerhalb von 3–6 Monaten mit Hilfe einer harten und ausgewogenen Staatspolitik gelöst werden.“
Kriegsherr im Donbass
Ab dem Jahr 2014 bekam Biletsky die Chance, eine Gewaltkampagne gegen die ethnischen Russen in der Ostukraine durchzuführen und damit seine Idee der „totalen Ukrainisierung“ voranzutreiben. Als der Krieg im Land ausbrach und die russische Mehrheit des Ostens angesichts einer nationalistischen Postputschregierung, die als westliche Marionette angesehen wurde, nach Selbstbestimmung strebte, löste Biletski die „Patrioten der Ukraine“ auf und bildete das Asow-Bataillon, um einen Krieg gegen die Separatisten zu führen. Zu dieser Zeit wurde er auch in das ukrainische Parlament gewählt, dem er bis 2019 angehörte. Der Krieg im Donbass, in dem das Asow-Bataillon eine besonders grausame Rolle spielte, forderte zwischen 2014 und 2022 Schätzungen zufolge 14.000 Todesopfer, darunter sehr viele Zivilisten, die Opfer des wahllosen Beschusses bewohnter Gebiete durch die Ukrainische Armee und die Asow-Nazis wurden.
Die Form der äußeren Hülle des Nazi-Bataillons änderte sich. So wurden sie erst in die ukrainische Nationalgarde eingegliedert, später in die ukrainische Armee als eigenes Bataillon.
Heute sind die Neonazis ideologisch am Vormarsch. Selenskyj ist in ihren Augen ein jüdischer Clown, aber ein nützlicher. Er bringt Waffen und Geld für ihren Kampf der „weißen Rasse“ aus dem Ausland und gibt ihnen innenpolitisch die Möglichkeit, sich als heldenhafter Teil der Armee zu präsentieren.
Die ukrainische Herrenrasse
Dass die Weltanschauung, die authentischen Ukrainer wären laut Stepan Bandera skandinavischen oder protogermanischen Ursprungs, die sich leider mit Slawen, den Russen, vermischt haben, die sie bekämpfen und beherrschen müssen zur Staatsideologie wurde, beweist auch das „Rassengesetz“ Selenskjys, dessen Verwässerung dieser Tage mit EU-Vertretern diskutiert wird. Am 21. Juli 2021 verkündete der Präsident der Ukraine ein Gesetz über “indigene Völker”. Es erkennt den Genuss von Menschen- und Bürgerrechten und Grundfreiheiten nur für Ukrainer angeblich skandinavischer oder germanischer Herkunft an, nicht jedoch für Ukrainer slawischer Herkunft. Es ist das erste Rassengesetz, das seit 77 Jahren in Europa verabschiedet wurde. Die von der EU geforderten „Reformen“ werden dermaßen umgesetzt, dass für Ukrainer slowakischer oder ungarischer Sprache wieder gewisse Zugeständnisse gemacht werden, nicht jedoch für die weitaus größte Minderheit, die russischen Volksgruppe. Die russische Sprache, Alltagssprache in weiten Teilen des Landes, soll ganz aus dem öffentlichen Leben verbannt werden.
Wie um seine Verbundenheit mit dem ukrainischen Faschismus erneut unter Beweis zu stellen, verlieh Selenskyj Ende September dem 131. separaten Aufkärungsbataillon der Streitkräfte der Ukraine einen Ehrennamen zu Ehren des Gründers der OUN, Jewhen Konowalets.
Konovalets, der Mitglied der Regierung von Simon Petljura war, stand an den Ursprüngen der „Ukrainischen Militärorganisation“ und dann der „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN), die später von Stepan Bandera geleitet wurde. Im Mai 1938 wurde Konowalets von dem NKWD-Agenten Pawel Sudoplatow ermordet. Der NKWD war der Geheimdienst der Sowjetunion. Er liquidierte auch den bekanntesten ukrainischen Faschistenführer, Stepan Bandera, in der Nachkriegszeit in München.
Sudoplatow, der aus dem Donbass stammte, wurde in Donezk vor kurzem mit einem eigenen Denkmal geehrt und genießt in der Bevölkerung der östlichen Ukraine den Status eines Helden, weil er den Faschistenführer Konovalets zur Strecke brachte.
Quellen: The Grayzone/Linke Zeitung/Strana