Wien. Die Agrana AG hat kürzlich bekanntgegeben, dass die Zuckerproduktion an den Standorten Leopoldsdorf im Marchfeld (Bezirk Gänserndorf) und im tschechischen Hrušovany mit sofortiger Wirkung eingestellt wird. Beide Werke werden geschlossen.
Strategische Neuausrichtung des Unternehmens
Die Entscheidung zur Schließung wurde vom Agrana-Aufsichtsrat in einer Sitzung am Mittwoch getroffen. Künftig soll die gesamte Zuckerproduktion des Unternehmens in Österreich am Standort Tulln gebündelt werden. Diese Maßnahme sei ein wesentlicher Bestandteil der strategischen Neuausrichtung der Agrana. Begründet wird dieser Schritt damit, langfristige Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Zuckerproduktion sicherzustellen.
Laut Agrana sei die Fortführung der Zuckerproduktion an zwei Standorten in Österreich und Tschechien wirtschaftlich nicht mehr tragbar. Steigende Produktionskosten, sinkender Zuckerverbrauch in der EU, Marktliberalisierungen wie Mercosur sowie regulatorische Vorgaben hätten die Entscheidung beeinflusst, heißt es in der Aussendung des Unternehmens. Klar ist jedoch, dass auch im Falle von Agrana Gewinne maximiert und Risiken vergesellschaftet werden. Wenn Einbußen bei den Profiten drohen, wird der Rotstift bei den Lohnabhängigen angesetzt. Der Jahresüberschuss, also Gewinn sank zwar im Mai 2024, lag aber dennoch bei 15,3 Millionen Euro.
270 Arbeitsplätze betroffen
Von der Schließung sind insgesamt rund 270 Beschäftigte betroffen – etwa 120 in Leopoldsdorf und 150 im südmährischen Hrušovany nad Jevišovkou. Die Agrana hat zugesichert, für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Unterstützungsmaßnahmen wie Umschulungen, Qualifikationsprogramme sowie Jobangebote an anderen Standorten bereitzustellen. Zudem sind individuelle Abfindungen und Beratung bei der beruflichen Neuorientierung vorgesehen. Aber ein Sozialplan ist kein wirklicher Ersatz für eine geregeltes Einkommen und einen festen Job. Auch in Österreich, wo einerseits die Krise bereits hart zuschlägt und die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld sehr gering ist, stellt der Stellenverlust die Kolleginnen und Kollegen von Agrana vor eine große Herausforderung.
Schließung bereits 2020 ein Thema
Bereits im Jahr 2020 wurde eine mögliche Schließung des Werks in Leopoldsdorf diskutiert. Damals sollte die Produktion eingestellt werden, wenn 2021 nicht mindestens 38.000 Hektar Zuckerrüben angebaut würden.
Die Entscheidung zur Werksschließung kommt wenige Monate, nachdem die Agrana angekündigt hatte, Hunderte Millionen Euro einsparen zu wollen. Das Konzernergebnis der letzten drei Quartale brach um 81 Prozent auf 14,5 Millionen Euro ein, wobei insbesondere die Geschäftsbereiche Zucker und Stärke von den Einbußen betroffen waren. Aber das ist ja nach wie vor ein satter Gewinn, der monopolisiert wird. Die Agrana-Beschäftigten zahlen gleichzeitig für die Krise des Kapitalismus mit ihrem Job.
Die Zuckerproduktion in Tulln soll erhalten bleiben.
Quelle: ORF