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Flüchtlinge in Wüste ausgesetzt

Die tunesische Regierung hat am Donnerstag hunderte Flüchtlinge in Bussen aus der Hafenstadt Sfax abgeschoben. Die Menschen wurden in der Wüste im tunesisch-libyschen Grenzgebiet ausgesetzt. Libyen hat bereits angekündigt die Menschen wieder abzuschieben, da sie illegal nach Libyen gekommen wären.

Tunis. In der Hafenstadt Sfax wurden am Donnerstag hunderte Flüchtlinge in regelrechten Menschenjagden von den tunesischen Behörden zusammengetrieben. Anschließend wurden sie in Busse verladen und in der Wüste im Grenzgebiet zwischen Algerien, Libyen und Tunesien ausgesetzt. Betroffene berichteten gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass sie ohne Essen oder Trinken dort ausgesetzt wurden. Die tunesische Regierung gefährdet damit das Leben hunderter Menschen.

Der tunesische Präsident Kaïs Saïed wies am Sonntag jede Kritik an der Maßnahme zurück. Er behauptete: „Diese Migranten erhalten eine humane Behandlung, die von unseren Werten und Eigenschaften ausgeht, im Gegensatz zu dem, was koloniale Kreise und ihre Agenten in Umlauf bringen.“ Saïed fügte hinzu, dass ungenannte ausländische Mächte eine „neue Art von Siedlung“ für Flüchtlinge errichten wollen würden und deswegen Lügen über Tunesien verbreiten würden.

Flüchtlingslager an EU-Außengrenzen

Ganz Unrecht hat der tunesische Präsident mit der Behauptung von einer „neuen Art von Siedlung nicht“ wohl nicht. Der Asylkompromiss in der EU vor wenigen Tagen sieht eine weitere Aushöhlung des Rechts auf Asyl und rechtsstaatlicher Asylverfahren vor. So sollen, wenn es nach den Plänen des Friedensnobelpreisträger Europäische Union geht, Flüchtlinge zukünftig in Lager in Ländern an den EU-Außengrenzen abgeschoben und interniert werden. In die EU kommen soll damit nur noch, wer Asyl erhält. Tunesien ist eines der Länder, dass für die EU als Standort eines solchen Lagers in Frage käme.

Saïed lehnte es bisher ab, „für andere Länder den Wachtmeister“ zu spielen, wie er sich im Juni von der tunesischen Nachrichtenagentur TAP bei einem Besuch der Hafenstadt Sfax zitieren ließ. Tunesien ist wirtschaftlich schwer angeschlagen. Das Land befindet sich am Rande der Zahlungsunfähigkeit. Die EU versucht das auszunutzen und Tunesien zu erpressen. Das Land hat sich bisher geweigert ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds zu unterschreiben. Die EU versucht Tunesien deshalb einen Flüchtlingsdeal nach dem Vorbild der Türkei schmackhaft zu machen. Bisher ohne Erfolg.

Spannungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen

Die jüngsten Maßnahmen gegen Flüchtlinge hatte die tunesische Regierung ergriffen nachdem bei Auseinandersetzungen mit Einheimischen ein Tunesier erstochen wurde. Drei Menschen aus dem Kamerun wurden im Zusammenhang mit der Tat in Sfax verhaftet. Seit 2013/14 treffen immer mehr Menschen auf der Flucht in Tunesien ein.

Zu Beginn war das Verhältnis zwischen Einheimischen und Geflüchteten einfach und profitabel für einheimische Unternehmer. Diese ließen die Menschen einfach zu niedrigsten Löhnen schwarzarbeiten. Auch mit Überfahrten nach Italien konnte gutes Geld verdient werden. Mittlerweile hat sich die Situation allerdings verändert. Die Schutzsuchenden begannen sich zu organisieren. Heute verfügen sie über einen eigenen Markt, über Kinderkrippen und selbst eine eigene Gerichtsbarkeit haben sie geschaffen. Die Folge ist aber auch, dass sie von den Einheimischen zunehmend als Konkurrenz wahrgenommen werden.

Der tunesische Präsident hatte dabei im Februar dieses Jahres nicht zur Entspannung beigetragen. Damals hielt er eine Brandrede gegen Menschen auf der Flucht. Er sprach damals von „Horden irregulärer Migranten aus Subsahara-Afrika“, die „Gewalt, Kriminalität und inakzeptable Praktiken“ mit sich bringen würden. Er ließ den Worten auch Taten folgen und versuchte Geflüchtete in ihre Herkunftsländer abzuschieben. Nachdem sich viele Herkunftsländer quergestellt hatten, konnten unter viel Medienrummel lediglich 287 Ivorerinnen und Ivorer sowie 135 Malierinnen und Malier abgeschoben werden. Einher damit ging auch eine Zunahme der Repression und Verfolgung von Geflüchteten sowie ein Anstieg rassistischer Gewalt in Tunesien, die wiederum zu einer dramatischen Zunahme der Versuche, von Hafenstadt Sfax aus Italien zu erreichen, führte.

Im Juni besucht Saïed, dann Sfax und hielt eine Rede, in der er vermutlich versuchte, den Ruf des Menschenfeinds wieder loszuwerden. Mit der jüngsten Maßnahme scheint er wieder in die andere Richtung zu gehen.

Illegaler Grenzübertritt

Libyen hat seinerseits angekündigt alle diejenigen, die die Grenze nach Libyen übertreten hatten, wieder nach Tunesien abzuschieben. Diese hätten die Grenze illegal übertreten und sind deshalb illegal im Land. Die libysche Regierung hoffe darauf, dass „die tunesischen Behörden sie schützen und den Roten Halbmond und andere humanitäre Organisationen kontaktieren können, um ihnen zu helfen“.

Quelle: AJ/jW

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