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USA im Interventionsnirwana

Der amtierende Dalai Lama ist 85 Jahre alt. Man möchte ihm noch viele Jahre in bester Gesundheit wünschen, doch der US-Imperialismus sorgt vorsichtshalber schon mal vor.

Washington/Peking/Lhasa. Humor muss man haben: Am vergangenen Sonntag unterzeichnete und bestätigte US-Präsident Donald Trump ein Gesetz des Kongresses, das der Volksrepublik China die „Einmischung“ in die Kür des nächsten Dalai Lamas untersagt – widrigenfalls werden schon mal Sanktionen angedroht. Nun gut. Aber zum einen lebt der aktuelle, 14. Dalai Lama freilich eh noch, andererseits sollte man mit den politischen Machthabern in Washington D.C. wohl mal ein aufklärendes Gespräch über den Terminus Einmischung und dessen Bedeutung führen. Inwiefern es nämlich in die Zuständigkeit der Legislative und Exekutive der Vereinigten Staaten von Amerika fällt, der chinesischen Regierung irgendwelche Vorschriften für Vorgänge auf chinesischem Staatsgebiet zu machen, bleibt unklar. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, die USA seien es, die sich – wieder einmal – ungebührlich in die internen Angelegenheiten anderer einmischen wollen.

Das somit etwas anmaßende Gesetz verlangt, dass die Auswahl – eigentlich ist es ja eher ein Auffinden – der kommenden Reinkarnation des Dalai Lamas den verantwortlichen „religiösen Autoritäten“ überlassen werde. Aber diesbezüglich kann man die besorgten US-Interventionisten wohl beruhigen: Zweifellos werden die Behörden des Autonomen Gebiets Tibet mit voller Unterstützung der Pekinger Regierung dafür Sorge tragen, dass die entsprechenden unabhängigen Findungskommissionen in Übereinstimmung mit den Vorgaben des tibetischen Buddhismus nach dem Ableben von Tenzin Gyatso im richtigen Baby dessen heilige Wiedergeburt erkennen können und diesem die nötige Erziehung zukommen lassen – etwas Anderes wird das Karma gewiss nicht zulassen. Der Name des 15. Dalai Lamas wird also ganz traditionell aus der goldenen Urne gezogen werden. Nur die USA und die selbsternannte „tibetische Exilregierung“ in Indien, die sich in der „Rechtsnachfolge“ des alten feudal-theokratischen Sklavensystems in Tibet inszeniert, werden damit halt nichts zu tun haben – und lediglich das ist es, was man in Washington eben nicht leiden kann.

Aber vielleicht will man in den USA ja einen Gegen-Lama auserwählen? Donald Trump bräuchte eh bald einen neuen Job.

Quelle: Der Standard

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