HomePolitik„Maßnahmenpaket“: Nehammers Nullnummer

„Maßnahmenpaket“: Nehammers Nullnummer

Man hat sich nichts erwartet und ist trotzdem enttäuscht: ÖVP und Grüne bleiben gegenüber grassierender Teuerung und wachsender Armut untätig. Es handelt sich um eine politische Bankrotterklärung.

Wien. Das neue „Maßnahmenpaket“ der Bundesregierung gegen die Teuerung ist wieder einmal eine Ausgeburt an Ignoranz und Untätigkeit. ÖVP und Grüne stellen abermals deutlich unter Beweis, dass von ihnen nur eine volksfeindliche Politik zu erwarten ist. Bundeskanzler Karl Nehammer (22.639,90 Euro Monatseinkommen), Vizekanzler Werner Kogler (19.923,10 Euro) und die zuständige Ministerriege (jeweils 18.111,90 Euro) haben mit ihren Luxusgehältern offensichtlich weder Ahnung noch Interesse daran, wie es der normalen Bevölkerung angesichts der Teuerungskrise finanziell und sozial geht.

Immer mehr Menschen können sich Miete, Energie und sogar Lebensmittel nicht leisten – aber von der Regierung kommt herzlich wenig, nämlich substanzlose Lippenbekenntnisse, zahnlose Soll-Bestimmungen und ein paar PR-Schmähs. Wenn es um die Sicherung der Profite der Unternehmen und Konzerne ging – etwa in der Pandemie –, waren sofort 40 Milliarden Euro verfügbar, wenn’s jedoch angesichts der Rekordinflation um die arbeitenden Menschen geht, dann werden diese sehenden Auges in den Abgrund der Existenzunsicherheit, Armut und Zahlungsunfähigkeit geschickt.

Sieht man sich die am Mittwoch präsentierten Maßnahmen der Bundesregierung an, so kann man nur den Kopf schütteln. Die Energieversorger sollen ab Juni doch bitte freiwillig die Preise reduzieren, und zwar möglichst bald – andernfalls würde das Finanzministerium vielleicht „Übergewinne“ abschöpfen. Warum nicht beides und zwar sofort oder besser: rückwirkend? Außerdem: Die Bundesgebühren, die nicht gerade eine tagtägliche Spitzenbelastung der Bevölkerung ausmachen, werden eingefroren, d.h. nicht erhöht –, und die Gemeinden mögen doch bitte dasselbe tun. Das ist schon in Ordnung, aber momentan nicht der Punkt.

Und dann die Frage der Lebensmittelpreise – hier geschieht: nichts (in Worten: 0). Kein Witz. Hier will die Regierung künftig vergleichende „Transparenzberichte“ über Einkaufs- und Konsumentenpreise bezüglich der Supermarktketten verfassen und veröffentlichen. Inwiefern es gegen die Teuerung hilft, wenn man es schwarz auf weiß hat, dass die Bauern nur einen absurd geringen Bruchteil der Verkaufspreise erhalten, bleibt offen. Ebenso nützt es den finanziell schwachen Haushalten wohl wenig, wenn man es amtlich bekommt, dass man sich weder beim Billa noch beim Penny anständige Lebensmittel leisten kann.

Außerdem will die Regierung von den Handelsketten wissen, wie viele Lebensmittel vernichtet und wie viele an gemeinnützige Organisationen gespendet werden. An sich nicht schlecht, um Verschwendung zu kontrollieren, aber ansonsten völlig falsch: Damit gesteht die Regierung lediglich ein, dass sie nicht die soziale Lage der Bevölkerung verbessern will, sondern nur garantieren, dass die Sozialmärkte ausreichend Produkte für eine steigende Zahl an armen Menschen in den Regalen haben. Die Aufgabe der Regierung wäre es jedoch, dafür zu sorgen, dass weniger Menschen auf Sozialmärkte und Spenden angewiesen sind.

Zu guter Letzt will man die Möglichkeiten der Bundeswettbewerbsbehörde ausweiten, v.a. in Bezug auf den Einzelhandel, schließlich sei dieser Markt ja hoch konzentriert. Da ist die Bundesregierung natürlich auf einer ganz heißen Spur: Man nennt das Monopolkapitalismus – und dieser ermöglicht eben optimierte Monopolprofite. Nachzuschlagen bei Lenin. Viel erwarten darf man sich sowieso nicht, denn seit geraumer Zeit können sich ÖVP und Grüne nicht einmal auf eine neue Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde einigen.

Alles, was der bedrohten und darbenden Bevölkerung wirklich helfen würde, fasst die Bundesregierung nicht an: Kein Mietpreisdeckel, keine Preisobergrenzen bei Grundnahrungsmitteln und Energie, keine Markteingriffe, keine Reichensteuern, keine deutliche Erhöhung des Arbeitslosengeldes, der Pensionen, der Sozialleistungen, des Existenzminimums und der Löhne selbst. Die vorgestellten Maßnahmen helfen niemandem dabei, nächste Woche die Rechnungen zu bezahlen oder sorgenlos einkaufen zu gehen. Man kann nur sagen: Danke für gar nichts!

Man soll der Regierung aber auch nicht unrecht tun: Sie ist eine Regierung des Kapitals, die den Banken und Konzernen, den Reichen und Superreichen dienen soll, nicht der arbeitenden Bevölkerung – man kann kein linksreformistisches Programm erwarten, obgleich die Probleme des Kapitalismus so offenkundig sind wie selten: Der Markt funktioniert schlichtweg nicht, nicht für Energie, nicht für Lebensmittel, nicht für Wohnungen, nicht für Arbeitskräfte – die Marktwirtschaft ist gescheitert, es bräuchte Eingriffe und Obergrenzen. Die Privatisierungen und Liberalisierungen im Bereich der Grundversorgung entfalten endlich ihr ganzes negatives Potenzial, es bräuchte Regulierungen und staatliche Zugriffsmöglichkeiten, ja Verstaatlichungen. Und vielleicht müsste man sogar über ein anständiges Grundeinkommen und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich nachdenken.

Man kann aber auch noch weiter gehen: Es sind kapitalistische Grundgesetze, die uns gegenwärtig um die Ohren fliegen. Es ist der Kapitalismus, der zwar für eine kleine reiche Minderheit, aber nicht für die Masse der arbeitenden Menschen des Volkes funktioniert. Denn der Kapitalismus beruht auf der bizarren Annahme, dass profitorientierte Unternehmen, die nach egoistischen Motiven handeln, auf diese Weise für allgemeinen Wohlstand sorgen. Das ist natürlich Blödsinn und war es immer schon, momentan wird’s nur besonders augenscheinlich: Der Kapitalismus will die Menschen ausbeuten, als Arbeiter und als Konsumenten. Und die bürgerliche Regierung ist dabei behilflich.

Daher sollte man beides zum Teufel jagen: Die überbezahlte Politikerelite, die im Dienst des Kapitals steht, und das Wirtschaftssystem, das Menschen nur als Arbeitssklaven und Kostenobjekte sieht. Es braucht ein politisches und ökonomisches System, das von der Arbeiterklasse selbst verwaltet wird und in dem der Kapitalist dementsprechend keine Funktion mehr hat, in dem der Wohlstand gerecht verteilt wird und allen zugutekommt, in dem volksfeindliche Politiker jederzeit abgewählt werden können. Gibt’s nicht? Gibt’s doch – und heißt Sozialismus.

Quelle: ORF

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