HomePanoramaCausa Ischgl: Ermittlung gegen Bürgermeister, Klage gegen LH Platter

Causa Ischgl: Ermittlung gegen Bürgermeister, Klage gegen LH Platter

Die fragwürdigen Vorgänge um den berühmt-berüchtigten Corona-Cluster von Ischgl, der zu einer raschen europaweiten Ausbreitung beitrug, sollen nun juristisch aufgearbeitet werden. 

Innsbruck/Ischgl. Im Gefolge des Corona-Hotspots im Wintertourismus in Ischgl Ende Februar/Anfang März dieses Jahres ermittelt die Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen „vorsätzlicher oder fahrlässiger Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten“ u.a. gegen Bürgermeister Werner Kurz (ÖVP-nahe Bürgerliste). Die weiteren drei Beschuldigten sollen der Landecker Bezirkshauptmann Markus Maaß sowie zwei seiner Mitarbeiter sein. Nach Prüfung des umfangreichen Beweismaterials seien nun konkrete Ermittlungen eingeleitet worden, so die Staatsanwaltschaft. Aufgrund mündlicher Einvernahmen würde sich zeigen, ob sich der Verdacht erhärtet und tatsächlich Anklage erhoben wird. Außerdem sei es möglich, dass im Falle eines Strafprozesses noch weitere Personen in den Fokus geraten. Näher zu untersuchen sei zunächst die Umsetzung – oder eben mangelnde oder Nichtumsetzung – der Verordnungen bezüglich der Verkehrsbeschränkungen in Ischgl sowie der Quarantäne im Paznauntal. Hierbei könnte es bewusste Verzögerungen gegeben haben, wenngleich der Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) meinte, man habe damals „alles richtig gemacht“.

Begünstigung der CoViD-19-Ausbreitung

Dass man sich in Ischgl aufgrund wirtschaftlicher Interessen trotz Hinweisen der isländischen Behörden am 3. März 2020 nicht zu einer vorzeitigen Beendigung der Wintersaison entschließen wollte, ist hinlänglich bekannt. Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geht es jedoch um die Frage, ob es am 13. März nach der öffentlichen Erklärung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (nicht verwandt mit Werner) zu unrechtmäßigen Verschleppungen oder einer Ignorierung der Verordnungen kam – so etwas kommt eben heraus, wenn man glaubt, Regierungspolitik vornehmlich über Pressekonferenzinszenierungen im Live-TV machen zu können. Jedenfalls folgten chaotische Zustände rund um die Abreise Corona-infizierter Touristen aus Ischgl (und St. Anton), die durch Zwischenaufenthalte sowie eine unkontrollierte Rückkehr in ihre Heimatländer zu einer signifikanten Ausbreitung von CoViD-19 in Tirol sowie in den europäischen Herkunftsländern beitrugen.

Amtshaftungsklagen und Schadenersatzprozesse

In diesem Kontext hatte der österreichische Verbraucherschutzverein (VSV) vergangenen Woche zusätzlich Amtshaftungsklagen gegen ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter, Tilg, W. Kurz sowie Landessanitätsdirektor Franz Katzgraber eingebracht. Daneben vertritt der VSV mit einer zivilrechtlichen Schadenersatzforderung gegenüber der Republik Österreich auch 1.000 Personen, die sich in Ischgl mit dem Corona-Virus angesteckt haben sollen. Insgesamt haben sich rund 6.000 Betroffene aus 45 Staaten gemeldet, die angeben, beim Skiurlaub in Ischgl infiziert worden zu sein. VSV-Jurist Peter Kolba, ehemaliger NR-Abgeordneter der Liste Pilz, will im Zuge der angestrebten Musterprozesse den Bundeskanzler sowie Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in den Zeugenstand laden – diese sind allerdings gerade damit beschäftigt, die nächste alpine Wintersaison zu retten. Die ÖVP-verbundene Seilbahn-Lobby steht schon im Starthaus, auch wenn die Après-Ski-Partys offenbar „im Sitzen“ und schon tagsüber stattfinden werden müssen.

Quelle: Der Standard

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